Aschermittwoch der Künstler im Augsburger Dom: Die Navigationsgeräte des Lebens neu ausrichten

Bei einem feierlichen Gottesdienst zum Aschermittwoch hat Bischof Dr. Bertram Meier die Gläubigen im Augsburger Dom dazu aufgerufen, zu Beginn der österlichen Bußzeit die persönlichen Navigationsgeräte zu hinterfragen, einen Stopp einzulegen und der Aufforderung „Bitte wenden“ zu folgen. Dabei gedachte er auch dem fast einjährigen Kriegsgeschehen in der Ukraine mit einem Gebet um den Frieden. Die Messe feierten traditionell zahlreiche Künstlerinnen und Künstler mit. 

Aschermittwoch Der Kuenstler Foto Maria Roesch Pba
Aschermittwoch der Künstler (Foto_ Maria Rösch_pba)

„‚Kehrt um‘ meint eine innere Lebenswende, eine entschiedene Hinwendung zu Gott. Es geht nicht um irgendwelche Äußerlichkeiten, sondern um eine Bekehrung des Herzens und ein Hören auf das Wort Gottes“, betonte Bischof Bertram in seiner Predigt. Am Anfang der Fastenzeit könne dieser Aufruf eine Art Stoppschild bedeuten: „Stopp, halt an und frage dich: Bin ich noch auf dem richtigen Weg? Wohin gehe ich und was ist mein Ziel?“, warnte er vor unreflektierten Lebensentwürfen und einem gedankenlosen Mitläufertum. „Ich lade Sie ein, nutzen wir die kommenden 40 Tage und fragen uns: Welchem ‚Navi‘ folge ich in meinem Leben? Suche ich den Weg, den mir Gott persönlich zugedacht hat oder laufe ich der Meinung anderer hinterher? Spüre ich der eigenen Berufung nach oder reicht es mir, mit der Masse zu schwimmen“, so der Bischof zu den Gläubigen.

Kennzeichen für ein Leben im Sinne Jesu Christi sei die Gerechtigkeit, die sich im Geben von Almosen, dem Beten und Fasten zeige, stellte der Bischof als drei Elemente eines gerechten Menschen vor. Anderen Menschen aus Solidarität und ohne Heuchelei etwas abzugeben, sei für Jesus eine Pflicht gewesen und ein Appell, der angesichts der existentiellen Not vieler Menschen aktueller denn je sei. Die Armut sei ein Schrei, zitierte er Papst Franziskus und rief die die Gläubigen dazu auf, „‚Nein‘ zu sagen zu einer Vergötterung des Geldes“ und zu ungerechten Wirtschaftssystemen.

Vielmehr gelte es der Frage nach der „Mitte unserer Lebens“ Raum zu geben: „Im Gebet sind wir ganz mit Gott verbunden, halten ihm unser Leben hin, unsere Freuden und Hoffnungen, aber auch unsere Verwundungen“, lud Bischof Bertram zu Gebet und Gottesdienst ein, warnte aber gleichzeitig davor, das Gebet zum Schauplatz persönlicher Interessen zu machen. „Mit den steigenden Austrittszahlen steigt die Gefahr, dass bestimmte Gruppierungen von Gläubigen sich innerhalb der schwindenden Volkskirche sozusagen als ‚heiliger Rest‘ fühlen und anderen Menschen, die vielleicht Dinge in Frage stellen, pauschal das Katholisch-Sein absprechen“, sagte er und beleuchtete den Gegenentwurf in gleichem Zuge kritisch: „Umgekehrt kann das auch für besonders reformeifrige Gläubige gelten, die meinen, in der alleinigen Umwandlung von kirchlichen Strukturen die Zeichen der Zeit zu erkennen, während sie andere kritisieren, die sich nach mehr Spiritualität und geistlicher Erneuerung sehnen“, so der Bischof.       

Als „Frühjahrsputz für Leib und Seele“ bezeichnete er das Fasten, das Gelegenheit gebe, auch den Alltag zu entschlacken. „Wo haben sich Gewohnheiten eingeschlichen, von denen ich weiß, dass sie nicht gut für mich sind? Das Hetzen von einem zum anderen Termin, das Nicht-Loslassenkönnen, das ewige Nörgeln und Besserwissen.“ Gerade in der Fastenzeit sei die Chance, sich die eigenen Schlagseiten und Abhängigkeiten bewusst zu machen, sagte Bischof Bertram und rief angesichts einer Welt, die von Klimakrise, Kriegen und Hunger zerrissen sei, zur Umkehr auf.

Diesen Aufruf verband er kurz vor dem Jahrestag des Kriegsbeginns mit einem Friedensappell für die Ukraine, dessen Kriegsbeginn sich an diesem Freitag jährt. „Herr, bringe die Politiker, die für den Angriffskrieg in der Ukraine verantwortlich sind, zur Einsicht! Zeige Wege auf, die von den Kriegsschauplätzen zu Verhandlungstischen führen“, rief er den kommenden Freitag zu einem Gebet- und Fasttag in den Anliegen der Menschen in der Ukraine und den Krisenherden der Welt aus.

Im Anschluss an den feierlichen Gottesdienst waren Künstlerinnen und Künstler zu einem Vortrag über das diesjährige Misereor-Hungertuch in den Kolpingsaal eingeladen. Zusammen mit der Misereor-Referentin Dr. Claudia Kolletzki stellte der nigerianische Künstler Emeka Udemba sein Gemälde näher vor, das sich anlässlich der bundesweiten Eröffnung der Misereor-Fastenaktion derzeit in Augsburg befindet.

Nach einem kurzen geschichtlichen Abriss, in welchem Dr. Kolletzki über die lange Tradition der Hungertücher sprach, gab ein Filmclip Einblicke in das Wirken und Schaffen des Künstlers, der seit 25 Jahren mit seiner Familie in Freiburg lebt und arbeitet. „Mit meinem Bild für das Hungertuch wollte ich etwas schaffen, das zum Nachdenken anregt. Es soll die Grenzen unseres Denkens verschieben und hinterfragen, wie wir mit unserer Schöpfung umgehen“, so Udemba zur Idee und Bedeutung seiner Bildgestaltung.

Auf dem farbenprächtigen Gemälde sind vier Hände zu sehen, die vor leuchtend rotem Hintergrund gemeinsam eine blaue Erdkugel halten. Der Titel des Bildes lautet „Was ist uns heilig?“: „Die Frage soll dazu einladen, über Bereiche nachzudenken, die uns Menschen wichtig sind: Gibt es noch Tabus? Gibt es Bereiche, die wir nicht antasten?“, erinnerte Udemba an die Bedeutung und Notwendigkeit menschlicher Demut. Wie wichtig ihm neben ästhetischen Aspekten auch eine klare Botschaft bei seinen Werken ist, zeigt sich nicht zuletzt in seiner künstlerischen Handschrift und Technik: in Form einer Collage verwebt er Zeitungsschnipsel, die ein mehrdimensionales Bild zu erschaffen suchen. „Ich verwende für meine Bilder Zeitungen, weil sie Träger von Informationen sind und Botschaften übermitteln. Ich will die Komplexität und Vielschichtigkeit unserer Welt aufzeigen“, so der Künstler.      

Am Freitag, 24. Februar, wird der Hungertuch-Künstler noch einmal über sein Werk und künstlerisches Schaffen sprechen. Der Vortrag der Katholischen Erwachsenenbildung findet um 19.30 Uhr im Haus Sankt Ulrich in Augsburg statt.