Augsburg | Aus Langemarckstraße wurde die Familie-Einstein-Straße

Die Umbenennung der ehemaligen Langemarckstraße in Familie-Einstein-Straße stellt einen wichtigen Beitrag der Stadt Augsburg zum Gedenkjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ dar. Die Stadt besinnt sich damit bewusst auf die lange Tradition und jüdische Prägung des Stadtteils Kriegshaber.

21 05 28 Strassenumbefoto Ploessel 17 Scaled
Oberbürgermeisterin Eva Weber enthüllte das neue Straßenschild Foto: : Ruth Plössel, Stadt Augsburg

Im Beisein von Mitgliedern des Augsburger Stadtrats verschiedener Fraktionen enthüllte Oberbürgermeisterin Eva Weber das neue Straßenschild mit dem Namen „Familie- Einstein-Straße“. Leider war coronabedingt keine öffentliche Feier in Anwesenheit einer Delegation der Familie Einstein aus den USA möglich. Stattdessen wurden die Beiträge zur Umbenennung in Kurzvideos festgehalten. Unter www.augsburg.de/familie-einstein-strasse können die Grußbotschaften von OB Eva Weber sowie Diane Castiglione (USA), Sprecherin der Nachfahren der Familie Einstein, abgerufen werden. Der Link führt außerdem zu einem
bebilderten Videovortrag zur Geschichte der Familie Einstein, der auch englisch übersetzt ist.

OB Eva Weber: Zeichen gegen antisemitische Tendenzen

Oberbürgermeisterin Eva Weber sieht es nach den jüngsten antisemitischen Vorfällen in Deutschland „als unabdingbar an, ein deutliches Zeichen gegen rechtsnationale und antisemitische Tendenzen zu setzen. Vor diesem Hintergrund ist ein Relikt wie die aus der NS-Zeit stammende Langemarckstraße für die Friedensstadt Augsburg nicht mehr tragbar. Wir wollen mit der Umbenennung aufzeigen, dass jüdisches Leben nicht nur erwünscht ist, sondern untrennbarer Bestandteil unserer Kultur und unserer Stadtgesellschaft ist. Die Erinnerung an die Geschichte der Familie Einstein kann dabei ein mahnendes und zugleich hoffnungsvolles Zeichen für ein neues Miteinander sein.“

Auch ansässige städtische Kita hat neuen Namen

Im Zuge der Straßen-Umbenennung hat auch die dort ansässige städtische Kita einen neuen Namen erhalten. Aus der Kita Langemarckstraße ist jetzt die Kita Familie-Einstein-Straße geworden. Bürgermeisterin und Referentin für Bildung und Migration, Martina Wild, sieht darin „eine Würdigung des religiössozial engagierten Schaffens der jüdischen Familie Einstein. Gerade in Zeiten des wiederkehrenden Antisemitismus bedarf es solch zeitkritischer Korrekturen“.

21 05 28 Strassenumbefoto Ploessel 03 Scaled
Foto: : Ruth Plössel, Stadt Augsburg

Grund für die Umbenennung

Der Augsburger Stadtrat hat sich 2020 für die Umbenennung der Langemarckstraße im Stadtteil Kriegshaber entschieden. Die Benennung hatten die Nationalsozialisten 1939 in propagandistischer Absicht vorgenommen, um an die Schlacht nahe der belgischen Stadt Langemarck im Ersten Weltkrieg zu erinnern. Damit sollte vor allem die Jugend zu Selbstaufopferung und den „Heldentod“ fürs Vaterland aufgefordert werden, um die Wehrbereitschaft zu stärken. Dies wird heute von der Friedensstadt Augsburg als nicht mehr als tragbar erachtet. Im Februar beschloss der Stadtrat daher die neue Namensgebung nach der über vier Generationen in Kriegshaber ansässigen Familie Einstein.

Kulturelles, religiöses und wirtschaftliches Engagement

Der neue Name verweist auf die mehrere hundert Jahre andauernde jüdische Prägung des Ortsteils Kriegshaber und steht sinnbildlich für das zeitweise selbstverständliche Miteinander von Juden und Christen. Die jüdische Familie Einstein gestaltete die Geschichte Kriegshabers durch ihr wirtschaftliches, kulturelles, soziales und religiöses Engagement entscheidend mit. Nach 1933 wurden die Mitglieder der Familie von den Nationalsozialisten verfolgt, ihrer wirtschaftlichen Existenz beraubt und – sofern sie sich nicht ins Ausland retten konnten – in Piaski und Auschwitz ermordet.