Augsburger Landrat Sailer stellt richtig: „Ich kritisiere nicht die Teststrategie der Staatsregierung im Allgemeinen”

In übereinstimmenden Medienberichten ist von Kritik des Augsburger Landrats Martin Sailer an der Corona-Teststrategie der Bayerischen Staatsregierung die Rede. Grundlage dieser Berichterstattung ist ein veröffentlichter, interner Schriftverkehr zwischen dem Landrat und dem Parlamentarischen Geschäftsführer der Freien Wähler im Landtag, Dr. Fabian Mehring.  Sailer macht deutlich: „Ich kritisiere nicht die Teststrategie der Staatsregierung im Allgemeinen, sondern die unrealistische Erwartungshaltung, die in ihrem Zuge bei der Bevölkerung geweckt wurde.“

Sailer
Landrat Sailer kritisiert eine aus seiner Sicht unrealistische Erwartungshaltung

Grundsätzlich bestehe kein Dissens zur Verfahrensweise des Bayerischen Gesundheitsministeriums, Testzentren in allen Gebietskörperschaften Bayerns einzurichten. „Es ist für uns auf ausführender Ebene jedoch eine undankbare und schlicht unmögliche Aufgabe, für die Versprechungen, die an übergeordneter Stelle gegenüber den Menschen in Bayern gemacht wurden, einstehen zu müssen“, erklärt Sailer.

36-Stunden-Frist hat sich als nicht einhaltbar erwiesen

Im Detail beziehe sich das vor allem auf die angebliche Rückmeldefrist der Laborergebnisse innerhalb von maximal 36 Stunden. Angesichts der Vielzahl von Tests, die derzeit in ganz Bayern abgenommen werden und an die Labore übergeben werden, hat sich dieser knappe Zeitraum in der Praxis als oft nicht einhaltbar erwiesen. Tatsächlich ist eine Fristvorgabe von in der Regel 48 Stunden in den Verträgen mit den privaten Teststreckenbetreibern verankert. Dies entspricht den Vorgaben des Bayerischen Gesundheitsministeriums. „Ich hätte mir gewünscht, dass dies in der Öffentlichkeit von allen Beteiligten wesentlich offensiver kommuniziert worden wäre“, sagt Landrat Sailer.

Rund 2000 Personen haben sich bisher in Hirblingen testen lassen

Dass Sailer sein Unverständnis darüber bislang gerade nicht öffentlich, sondern im Gegenteil in einem persönlichen Antwortschreiben an Herrn Mehring als Mitglied der Regierungskoalition geäußert hat, sei trotz des massiven Drucks aus Presse und Öffentlichkeit hinsichtlich der vielfachen Überschreitung der 36-Stunden Frist sehr bewusst geschehen. „Meine Kritik ist sachlich und den Tatsachen geschuldet, die wir in Hirblingen beobachten. Anfang September haben wir das Versprechen von einer maximalen Rückmeldespanne von 36 Stunden noch bereitwillig mitgetragen, bis es sich nach kürzester Zeit als unhaltbar erwiesen hat. Diese Kritik habe ich intern an die Regierung herangetragen. Herr Mehring hingegen erzeugt durch die Veröffentlichung eines privaten Schriftverkehrs ein Unsicherheitsempfinden in der Bevölkerung gegenüber der Politik und Verwaltung, das man guten Gewissens als schädlich und unanständig bezeichnen kann.“ Auch seine Kritik am operativen Betrieb des Testzentrums in Hirblingen und der dort eingesetzten Betreiberfirma könne man nicht pauschal stehen lassen: „Grundsätzlich läuft der Betrieb in unserem Testzentrum gut, wie wir durch tägliche Kontrollen und zahlreiche positive Rückmeldungen aus der Bevölkerung wissen. Seit der Inbetriebnahme vor drei Wochen haben sich dort rund 2000 Personen auf das Virus testen lassen.  Der Druck aus der Öffentlichkeit geht nahezu ausschließlich auf die verspäteten Ergebnisübermittlungen zurück, da wir und der beauftrage Dienstleister uns konstant am Versprechen der 36-Stunden-Frist messen lassen müssen. Herr Mehring stützt sich auf Einzelfälle und nimmt sie zum Anlass, das Landratsamt als Organisator des Testzentrums, den operativen Betrieb und die vor Ort handelnde Firma undifferenziert und rigoros für seine eigene politische Profilierung zu attackieren.“

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Einen zentralen Aspekt, so der Landrat, lasse Mehring außerdem völlig außer Acht: „Die Umstände, unter denen die Testzentren eingerichtet werden mussten, waren ausgesprochen schwierig und die zeitlichen Vorläufe extrem knapp. Unabhängig von der Frage, ob dies in jeder Hinsicht in dieser Form notwendig war, muss Herr Mehring akzeptieren, dass er als Teil der Regierungskoalition mit in der Verantwortung steht“, sagt Sailer. Und weiter: „Jetzt, durch Veröffentlichung eines privaten Schriftverkehrs den Versuch zu unternehmen, die Situation politisch auszuschlachten, ohne zur eigenen Verantwortung zu stehen, ist schäbig.“