„Die apostolische Kirche braucht ein sakramentales Amt“ – Weihe der heiligen Öle für das Bistum Augsburg

Mit Blick auf die mancherorts geführte Debatte über Rolle und Bedeutung von Priestern hat Bischof Dr. Bertram Meier eine Lanze für das Weiheamt der Kirche gebrochen: „Das Amt ist der apostolischen Kirche in die Wiege gelegt, was Evolution und Entfaltung durchaus einschließt“, betonte Bischof Bertram an diesem Mittwoch. Gemeinsam mit rund 200 Priestern und Diakonen sowie den Weihbischöfen, dem Domkapitel und zahlreichen Gläubigen, darunter auch dutzende Firmbewerber/-innen, feierte er im Hohen Dom die Chrisammesse. In diesem Gottesdienst werden traditionell die heiligen Öle für die Pfarreien des Bistums geweiht und das Weiheversprechen der Priester erneuert.

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Bischof Bertram Meier weiht die heiligen Öle | Foto: Nicolas Schnall – pba

Zu Beginn seiner Predigt zeichnete Bischof Bertram ein kirchliches Panorama, das eingerahmt ist von den Ergebnissen des Synodalen Wegs hierzulande und dem weltweiten synodalen Prozess, der mit dem Abschluss der kontinentalen Phase im Herbst in die Bischofssynode münden soll. „Was bei uns bleibt und was viele von uns umtreibt, ist die Kirchenkritik, die auf eine anschwellende Unzufriedenheit mit dem Zustand des Volkes Gottes – gerade in Deutschland – schließen lässt.“ Das zahlreiche Erscheinen in dieser krisenhaften Zeit sei nichts Selbstverständliches, begrüßte der Bischof die Priester und Diakone, die seiner Einladung gefolgt sind. Denn auch die Diözese Augsburg bilde hier keine Ausnahme und leide ebenso unter den vielen Austritten. „Wir spüren, wie das Versagen von Verantwortungsträgern in unser eigenes Leben und Glauben hineingreift. Diese Zeit verunsichert viele.“ Dies gelte jedoch für alle, die sich haupt- und ehrenamtlich in der Seelsorge engagieren. Bischof Bertram appellierte an sie, sich nicht herauszuhalten, sondern die Nähe zu den Menschen zu suchen.

Seine Mitbrüder im Chorraum konfrontierte er schließlich mit provokativen Fragen nach dem eigenen Standort. „Stehen wir hilflos im gesellschaftlichen Abseits, nicht selten aufgrund der schändlichen Missbrauchsgeschichte konfrontiert mit Argwohn und Verdacht? Wo ist unser Platz?“ (…) „Wozu brauchen wir überhaupt noch Priester?“ Auf dem Synodalen Weg habe es durchaus Stimmen gegeben, die deutlich vernehmbar von einer priesterlosen Kirche träumten, um so angeblich „die wahre und ursprüngliche Form des Evangeliums freizulegen“.

Dem in diesem Sinne herbeigesehnten Untergang des Weihepriestertums stellte Bischof Bertram eine biblisch unterfütterte Antwort entgegen. Der Zweifel, ob Jesus selbst schon Priester geweiht habe, gehe für ihn jedenfalls an der Realität dessen vorbei, was Kirche ist. „Die Kirche ist Gottes Schöpfung in der Welt, und Schöpfung ist nichts Statisches, sondern geschieht immer als Evolution, als Entwicklung: Herausbilden und Herausformen dessen, was Gott in sie hineingelegt hat.“ Jesus Christus, das Urbild, brauche daher ein Abbild. Christus müsse in der Kirche zur Gestalt kommen, damit sie „christuskonform“ sein könne. Die alles entscheidende Frage dabei sei: „Wie bildet sich das, was sich mit Christus endgültig als ‚Zeitenwende‛ in die Geschichte eingeprägt hat und mit ihm eine neue Schöpfung geworden ist, in der Kirche ab? Wie erhält es seine richtige Form? Das ist der Knackpunkt.“

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Foto: Nicolas Schnall – pba

An diesem Punkt komme für ihn der Kreis der zwölf Apostel ins Spiel. Diese stünden für „die offizielle amtliche Zeugenschaft“ und bildeten gemeinsam mit Jesus „den Kern des neuen Volkes Gottes, der Kirche“. Die Zwölf seien kein „Männerclub“ besonders Auserwählter, sie seien die Grundgestalt der apostolischen Kirche, deren Form sich im Lauf der Geschichte ausgeprägt habe und bis heute entfalte. „Die Zeugenschaft der Zwölf findet in der sakramentalen Ämterstruktur der Kirche ihre Fortsetzung.“ Bei allen Diskussionen um Zugangsbedingungen und Ausgestaltungen hat Bischof Bertram jedoch klare Vorstellungen, was er von seinen Priestern erwartet: Zeugenschaft betreffe die ganze Person und sei ein Anspruch, den es „mit dem Kleingeld des alltäglichen Zeugnisses einzulösen“ gelte. „Dem Zeugen geht die Botschaft zu Herzen. Das Evangelium ist ihm eine Herzensangelegenheit.“

Für ihren Einsatz in der Seelsorge beließ es der Bischof nicht bei einem rein formalen „Vergelt’s Gott“ an seine Mitbrüder. Vielmehr legte er ihnen drei Dinge besonders ans Herz, um sie in ihrem weiteren Dienst zu stärken und zu stützen: „Eure Sorgen sind meine Sorgen“, „Jeder von uns ist von Gott geliebt. Das ist ein Grund zum Feiern“ und – mit den Worten des heiligen Ignatius von Loyola gesprochen – „Wenn man sich nach bestem Wissen und Gewissen bemüht, kann man den Rest dem überlassen, der die Macht hat, alles zu tun, was er will“.

Auf die Predigt und die Erneuerung der Bereitschaft zum priesterlichen Dienst folgte im Anschluss dann die Weihe der heiligen Öle. In einer feierlichen Prozession wurden diese in großen Gefäßen in den Altarraum getragen: Das Katechumenenöl brachten Mitglieder des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem zum Altar, das Krankenöl Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Klinikseelsorge und das Chrisamöl schließlich zwei Ständige Diakone. Nach dem Gottesdienst wurden die drei heiligen Öle, insgesamt waren es 100 Liter, in kleinere Behälter abgefüllt, versiegelt und an Frauen und Männer aus den einzelnen Dekanaten verteilt.

Musikalisch gestaltet wurde die Chrisammesse vom Karl-Kraft-Chor der Augsburger Domsingknaben und von Domorganistin Claudia Waßner. Der Chor unter der Leitung von Vinzenz Doering sang die „Missa Chrismatis“ von Anton Bruckner (1824-1896).

Bei der Chrisammesse weiht der Bischof für das Bistum Augsburg den Chrisam, das Katechumenenöl und das Krankenöl. Chrisam wird bei der Taufe, der Firmung, der Priester- und der Bischofsweihe verwendet sowie bei der Altarweihe und der Glockenweihe. Mit dem Katechumenenöl werden die Taufbewerberinnen und Taufbewerber (Katechumenen) auf den Empfang der Taufe vorbereitet. Mit dem Krankenöl werden bei der Spendung des Sakraments der Krankensalbung die Kranken durch den Priester gesalbt, um sie zu stärken.

Die Predigt des Bischofs zur Chrisammesse ist in der „Blauen Reihe“ des Sankt Ulrich Verlags erschienen. Unter dem Titel „Synodalität – Entlastung und Stärkung des Amtes“ ist dort zudem das theologische Impulsreferat abgedruckt, das Bischof Bertram am 3. März 2023 bei der Frühjahrsvollversammlung des Diözesanrats der Katholiken gehalten hat. Dessen Titel: „Synodale Kirche als Suchgemeinschaft“. Das Heft liegt kostenlos im Augsburger Dom aus und kann auch via Mail angefordert werden unter bischofshaus@bistum-augsburg.de.

pba

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