Für den Fall, dass es tatsächlich zu Waffenstillstandsverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine kommen könnte, sollen die Partner der Ukraine vorbereitet sein. Damit kein „wildes Hauen und Stechen entsteht und Meinungsverschiedenheiten auftauchen, die unsere Verhandlungsposition als DER WESTEN, der die Ukraine dann bei solchen Versprächen unterstützen möchte, nur behindern würde“, sagt der ehemalige deutsche Botschafter in den Vereinigten Staaten, Wolfang Ischinger, im Interview mit RTL/ntv.
Gerade in wichtigen Fragen „müssen wir vorbereitet sein. Wir sind es nicht. Es gibt in der Europäischen Union über 27 verschiedene Stimmen.“ Dabei gäbe es zwar informelle Gesprächsrunden, auch zwischen Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den USA, „aber das reicht aus meiner Sicht nicht. Wir haben viele Partner, die wollen auch ernst genommen werden. Die muss man einbeziehen. Wir brauchen eine gemeinsame Positionsbestimmung für die vielen Fragen, bis hin zu den Fragen: Wer organisiert den Wiederaufbau? Wer kümmert sich um Reparationen? Welche Haltung sollen wir gemeinsam haben zu einem Kriegsverbrechertribunal? Und so weiter“, sagt Ischinger. Indes findet Ischinger die ukrainische Kriegsdiplomatie erstaunlich: „Ich bin also als praktizierender Diplomat voll der Bewunderung, mit welcher Energie die Ukraine das macht. Es gibt ja mittlerweile kaum ein westliches Parlament mehr, in dem Präsident Selenskyj noch nicht aufgetreten wäre.“
Dass Stimmen aus China besagen, dass die Tür zu den Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine nicht dauerhaft geschlossen sei, empfindet Ischinger als sehr positiv. Wenngleich er auch sagt: „Ich bin allerdings skeptisch, […] dass da demnächst sinnvolle Verhandlungen stattfinden können. […] Ich glaube, wir müssen noch relativ lange warten.“ Beeinflussen kann das aber wohl auch die Türkei mit dem wiedergewählten Machthaber Erdogan. Bereits in der „Frage des Getreide-Deals zwischen Russland und der Ukraine hat die Türkei eine wichtige Vermittlungsrolle gespielt.“ Zudem sei die Türkei als Schwarzmeeranrainer in einer wichtigen strategischen Rolle. Da die Türkei in der Weltpolitik mitspielen will, „sollte man davon ausgehen, dass Erdogan diese mögliche türkische positive Rolle auch versuchen wird, weiter zu spielen“, schließt Ischinger ab.


