Ehemaliger Mitarbeiter der Augsburger Domsingknaben soll Nacktfotos von Kindern erstellt haben

Die Institution der Augsburger Domsingknaben ist von Ermittlungsbehörden in Augsburg und Bamberg als Zeugin angehört worden. Es geht um einen ehemaligen Mitarbeiter, der verdeckt Kinder und Jugendliche fotografiert und gefilmt haben soll – unter anderem auch Sänger der Domsingknaben.

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Foto: Dominik Mesch

Die Ermittlungsbehörden waren im Oktober 2022 auf die Augsburger Domsingknaben zugegangen. Gegenstand des Verfahrens ist der Verdacht auf Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches nach § 201a StGB. Der Fall bezieht sich auf den Untersuchungszeitraum von 2017 bis 2020.

Wie der BR berichtet, wurden nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg im September 2020 bei einem inzwischen in Dresden lebenden heute 25-Jährigen bei einer polizeilichen Durchsuchung beinahe 400 kinderpornographische Bilder und 160 Videoaufnahmen gefunden. Überwiegend zeigen die Aufnahmen Buben und männliche Jugendliche unter der Dusche oder auf der Toilette. Bei den Opfern soll es sich auch um Mitglieder der Domsingknaben handeln. 2017 soll es in der Münchner Wohnung des mutmaßlichen Täters wohl auch zu einem sexuellen Missbrauch eines damals 13-jährigen Jungen gekommen sein.

Augsburger Domsingknaben unterstützen Behörden gezielt

Der Tatverdächtige war zum Zeitpunkt, als die Augsburger Domsingknaben durch die
Ermittlungsbehörden vom Verfahren gegen ihn unterrichtet wurden, bereits seit zwei Jahren nicht mehr für die Organisation tätig. Insgesamt hatte er bei den Augsburger Domsingknaben fünf Jahre lang gearbeitet. Er hatte keine leitende Funktion und das Arbeitsverhältnis auf eigenen Wunsch beendet.

Die Institution der Augsburger Domsingknaben hat von Beginn an die vollumfängliche Aufklärung durch enge Zusammenarbeit mit den Behörden unterstützt. 34 Geschädigte sollen auch deshalb inzwischen identifiziert worden sein. Zudem gab es Gespräche und Aufarbeitung mit Betroffenen und deren Eltern sowie umfassende Informationsabende für alle Angehörigen der Domsingknaben.

Das Hauptaugenmerk der Behörden lag auf der Identifizierung von Personen und Orten auf Bildern, welche auf einem Datenträger beim Beschuldigten sichergestellt wurden. Zwischen November 2022 und Ende Januar 2023 informierte die Polizei die Betroffenen und befragte sie für die Aufklärung des Falles als Zeugen. Die Augsburger Domsingknaben standen während dieser Zeit durchwegs im engen Kontakt mit den Behörden, überließen aber der Polizei auf deren Wunsch den Erstkontakt mit den Betroffenen, um die Ermittlungsarbeit nicht zu gefährden. Von einer Information der Öffentlichkeit wurde zu diesem Zeitpunkt bewusst abgesehen, auch um den Schutz der im Untersuchungszeitraum minderjährigen Betroffenen zu gewährleisten und deren Recht auf Nicht-Identifizierbarkeit zu wahren.

Informationsabende sorgen für Transparenz

Nachdem die Information und Befragung Betroffener durch die polizeilichen Behörden erfolgt war, fanden bei den Augsburger Domsingknaben im Februar und März 2023 vier Informationsabende statt, an denen nun auch alle Familien der Domsingknaben von der Anzeige gegen den ehemaligen Mitarbeiter und der polizeilichen Aufklärung in Kenntnis gesetzt wurden. Die Abende waren dahingehend strukturiert, dass Stefan Steinemann, künstlerischer Leiter der Domsingknaben, und Leonhard Fitz, kaufmännischer Geschäftsführer, zunächst aus Perspektive der Institution wiedergaben, zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Umständen sie von diesem Ermittlungsverfahren erfahren haben und mit welcher Chronologie die Aufarbeitung begangen wurde.

Stefan Steinemann: „Von Anfang an galt es, die eigene Erschütterung hintan zu stellen und das wichtigste Anliegen, die bestmögliche Unterstützung der Betroffenen, stets im Blick zu halten.“ Mit anwesend war auch eine Leitende Hauptkommissarin der Kriminalpolizei Augsburg, welche allgemein über die Ermittlungsarbeit in solchen und ähnlichen Fällen berichtete. Im Anschluss gab es Gelegenheit für die anwesenden volljährigen Sänger, Eltern und Angehörigen zu Fragen an die Verantwortlichen, aber auch an die Kriminalhauptkommissarin.

Der zweite Teil dieser Abende widmete sich den bereits bestehenden Schutzmechanismen, der Bewertung dieser Mechanismen im Zusammenhang mit dem konkreten Fall und möglicher weiterer Optionen zum Schutz und Wohl der anvertrauten Kinder und Jugendlichen. Auch diesbezüglich gab es Zeit und Raum für Fragen und Erfahrungsaustausch mit den Eltern. Für die Augsburger Domsingknaben waren diese Abende ein entscheidender Schritt, um Transparenz gegenüber den Domsingknabenfamilien zu garantieren. Neben der erfolgten schriftlichen Festlegung des hausinternen Kinder- und Jugendschutzkonzeptes sind präventive Schulungen zur Selbstbestimmung von Kindern und Jugendlichen geplant. Leonhard Fitz: „Wir kooperieren eng mit den ermittelnden Behörden und erteilten dem ehemaligen Mitarbeiter unmittelbar ein Hausverbot. Mit Gesprächen und Erfahrungsaustausch versuchen wir, das Informationsbedürfnis der Betroffenen proaktiv zu erfüllen und zusammen mit externen, unabhängigen Hilfsorganisationen und der Polizei unseren Sängern und ihren Angehörigen
weitergehende Hilfe anzubieten.“