Eine gemeinsame Ermittlungsgruppe der Kriminalpolizeiinspektion Memmingen und des Hauptzollamts Augsburg führt seit Mai 2022 unter Sachleitung der Staatsanwaltschaft Memmingen ein umfangreiches Verfahren wegen des Verdachts der banden- und gewerbsmäßigen Urkundenfälschung, des Einschleusens von Ausländern sowie des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt und illegaler Beschäftigung.
Ausgangspunkt der Ermittlungen war zum einen die vorläufige Festnahme eines
ukrainischen Staatsangehörigen in Nordrhein-Westfalen im Dezember 2021 wegen
unerlaubter Einreise, bei der ein gefälschter rumänischer Pass festgestellt
wurde. Der Beschuldigte hatte angegeben, den Pass von einer Frau aus Krumbach
(Schwaben) gegen die Bezahlung von 2.000 Euro erhalten zu haben, so dass ihm
damit die Aufnahme einer legalen Beschäftigung in Deutschland möglich war. Zum
anderen kontrollierten Beamte der Autobahnpolizeistation Wörth an der Isar im
Februar 2022 sechs Personen, die sich mit gefälschten bulgarischen Pässen
auswiesen und bei einer Zeitarbeitsfirma in Krumbach angestellt waren.
In der Folge übernahm eine achtköpfige Ermittlungsgruppe (“Gemeinsame
Ermittlungsgruppe Servizio”), gebildet aus Beamten des Kommissariats Grenze der
Memminger Kriminalpolizei und der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des
Hauptzollamts Augsburg, die weiteren Ermittlungen.
Durch umfangreiche operative Maßnahmen ergab sich der dringende Tatverdacht
gegen eine Gruppe von vier Männern und einer Frau, die sich zusammengeschlossen
hatten, um Drittstaatsangehörige, vorwiegend aus dem osteuropäischen Raum, mit
falschen amtlichen Ausweisen gegen Entgelt auszustatten. Hierdurch wurde
vorgetäuscht, dass es sich bei den Drittstaatsangehörigen um Staatsbürger der
Europäischen Union handelt, so dass diese im Bundesgebiet zum Schein legal
arbeiten und von der Freizügigkeit von EU-Bürgern Gebrauch machen konnten.
Dabei kam es zu einem arbeitsteiligen Vorgehen der Beschuldigten. Drei von
ihnen, eine 34-jährige Frau sowie zwei Männer im Alter von 27 und 43 Jahren aus
der Ukraine sowie aus Rumänien, waren hauptsächlich für die Rekrutierung der
Arbeitskräfte aus Drittstaaten sowie die Beschaffung der gefälschten EU-Ausweise
zuständig. In diesem Zusammenhang nutzte die beschuldigte Frau ihre Tätigkeit
beim Landratsamt Günzburg zur Überprüfung der Falsifikate sowie der potentiellen
Arbeitskräfte aus. Zudem beschafften die drei Beschuldigten auf Bestellung im
Ausland gefälschte Führerscheine. Zwei weitere Beschuldigte im Alter von 38 und
58 Jahren übernahmen als Inhaber einer Firma zur Personalvermittlung die
Integration der Drittstaatsangehörigen in den Arbeitsmarkt. Alle fünf
Beschuldigte waren bis dahin kriminalpolizeilich noch nicht in Erscheinung
getreten.
Aufgrund des dringenden Tatverdachts erließ die Ermittlungsrichterin des
Amtsgerichts Memmingen auf Antrag der sachleitenden Staatsanwältin
Untersuchungshaftbefehle gegen alle fünf Personen, die in einer konzertierten
Festnahme- und Durchsuchungsaktion am 26.04.2023 vollstreckt wurden.
Insgesamt waren mehr als 350 Beamtinnen und Beamte des Polizeipräsidiums
Schwaben Süd/West, der Bayerischen Bereitschaftspolizei sowie des Hauptzollamtes
Augsburg im Einsatz.
Neben den Wohnungen der fünf Hauptbeschuldigten durchsuchten die Einsatzkräfte
sieben Firmen in Krumbach, Ellzee, Bad Wörishofen und Mindelheim sowie die
Wohnräume von 21 weiteren Beschuldigten, die nachweislich im Besitz von
mindestens einem falschen Ausweisdokument waren. Gegen diese sowie zwölf weitere
Personen, die im Verlauf der Durchsuchungsaktion festgestellt worden sind,
werden Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Urkundenfälschung sowie des
illegalen Aufenthalts geführt. Die sichergestellten umfangreichen Beweismittel
werten die Ermittler nun aus.
Nach den ersten Ermittlungen am Einsatztag handelt es sich dabei unter anderem
um zahlreiche gefälschte Ausweisdokumente sowie einen ukrainischen Pass mit
gefälschtem Passkontrollstempel zum Vortäuschen eines Flüchtlingsstatus.
Darüber hinaus stellten die Einsatzkräfte geringe Mengen Betäubungsmittel
(psylocybinhaltige Pilze und Kleinmengen Marihuana) sicher.
Aufenthaltsprüfende Maßnahmen im Hinblick auf die illegal Beschäftigten erfolgen
direkt durch Mitarbeiter des Ausländeramtes.
Im Rahmen der geführten Finanzermittlungen hat das Amtsgericht auf Antrag der
Staatsanwaltschaft Memmingen Vermögensarreste bei zwei der Beschuldigten in
einer Gesamthöhe von über 450.000 Euro angeordnet, die nun von den
Finanzermittlern der Polizei und des Zolls vollzogen werden.
“Mein ausdrücklicher Dank gilt allen Kolleginnen und Kollegen der
Ermittlungsgruppe aus Polizei und Zoll, die auch an Wochenenden oder Feiertagen
über viele Monate für dieses Ergebnis akribisch und zielgerichtet gearbeitet
haben” so der Leiter der Memminger Kriminalpolizei, Kriminaloberrat Thorsten
Ritter.
Die Polizeipräsidentin des Polizeipräsidiums Schwabens Süd/West, Dr. Claudia
Strößner, hob die behördenübergreifende Zusammenarbeit hervor: “Bereits während
der verdeckten Ermittlungsphase arbeiteten Kripo, Zoll und der Landrat des
Landkreises Günzburg, Herr Dr. Hans Reichhart, sehr engagiert zusammen. Diese
Zusammenarbeit zeigt das vertrauensvolle und konstruktive Miteinander. Ich danke
allen Beteiligten für ihr großes Engagement”.
Die gemeinsamen Ermittlungen der Memminger Kriminalpolizei und des
Hauptzollamtes Augsburg werden noch geraume Zeit in Anspruch nehmen. Die
Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.