Liebe Augsburgerinnen, liebe Augsburger,
ein Jahr Corona haben wir in Deutschland nun hinter uns. Ein Jahr, das uns vor Herausforderungen, Tiefschläge und Erkenntnisse gestellt hat. Inzwischen sehen wir mit den Impfungen zumindest einen Silberstreifen am Horizont, auch wenn wir sicher noch alle viel Kraft und Durchhaltevermögen an den Tag legen müssen, bis wir wieder einen „normalen“ Alltag erleben können. Ich bin sicher nicht naiv in die Pandemie gestolpert, da ich auch schon vor meinem Amtsantritt im Mai 2020 eng eingebunden war in den Krisenstab des damaligen Oberbürgermeisters Dr. Kurt Gribl. Dennoch war und ist die Pandemie für uns alle eine völlig neue Herausforderung. Mein Team, und damit meine ich das Büro der Oberbürgermeisterin, und ich, sagen öfter scherzhaft, dass wir irgendwann über diese Zeit ein Buch schreiben. Genug Stoff dafür hätten wir auf jeden Fall, wahrscheinlich sogar für mehrere Bände.
Dieses Corona-Jahr war auch ein Jahr, das viele unterschiedliche Meinungen offengelegt hat. Es gab viele Beschränkungen und Entscheidungen, die jedes Mitglied unserer Gesellschaft betroffen haben und nach wie vor betreffen, und in irgendeiner Weise musste und muss man sich dazu positionieren, ob nun politisch interessiert oder nicht. Diese Pluralität der Meinungen ist an sich etwas sehr gutes und die Freiheit, diese zu äußern, ein Grundpfeiler unserer demokratischen Gesellschaftsordnung. Allerdings wird es gefährlich, wenn dabei Meinung gleichgesetzt wird mit Fakten. Und wenn vor allem auch eine Unerbittlichkeit und Sturheit darin liegt, die keinen Austausch zulässt, keine Diskussion.
Eine der größten Herausforderungen nach Corona, neben den wirtschaftlichen und psychologischen, ist für mich deshalb auch die Pflege des Miteinanders. Ich habe es schon letzten Monat in dieser Kolumne geschrieben und kann es nicht oft genug betonen: Wir müssen uns wieder für ein engeres Miteinander stark machen. Das bedeutet ausdrücklich nicht, immer alle der gleichen Meinung zu sein. Sondern den Meinungen der anderen mit Offenheit zu begegnen, Unterschiede zuzulassen, und gleichzeitig dem Gegenüber Wertschätzung entgegenzubringen. Für mich sind offene, wertschätzende Begegnungen und ehrliche Diskussionen auf einer fairen, konstruktiven Basis das Schmieröl im Getriebe einer Demokratie.
Und es ist auch ein Grund, warum ich die Kommunalpolitik so schätze: Ich bin ganz nah dran, an den Menschen, an unserer Stadtgesellschaft, an dieser Form von Begegnungen. Mit meinem Team habe ich jetzt schon eine Reihe an Formaten entwickelt, um auch in Corona-Zeiten hier und da Möglichkeiten zu haben, ins Gespräch zu kommen: Der Corona-Bürgerbeirat tagt seit November letzten Jahres und startet im März in eine neue Runde.
Das Format „Frag die OB“ beantwortet Fragen der Bürgerinnen und Bürger auf Instagram. Im Februar startet außerdem meine digitale Bürgersprechstunde. Darüber hinaus feilen wir an weiteren Formaten, die im Laufe des Jahres, wenn Treffen wieder möglich sind, starten: Stadtteilgespräche, eine Sommertour durch Augsburg …
Ich freue mich sehr darauf, wenn wir uns endlich wieder ohne Maske, Sicherheitsabstand und Ansteckungsgefahr begegnen können. Daraus ziehe ich auch die Motivation, wenn ich der Corona-Einschränkungen müde bin und den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehe: Ich stelle mir genau solche Momente und Begegnungen vor, und wie viel Freude ich dabei empfinde.
In diesem Sinne, lassen Sie uns alles dafür tun, dass die Infektionszahlen weiter sinken und wir Schritt für Schritt in die Normalität zurückkehren können.
Danke an alle, die auch weiterhin Solidarität zeigen.
Bleiben Sie gesund, herzliche Grüße
Ihre Eva Weber
Eva Weber ist seit Mai 2020 Oberbürgermeisterin der Stadt Augsburg. Seit Mai 2014 veröffentlicht sie eine regelmäßige Kolumne exklusiv bei Presse Augsburg.