Infektionen des urogenitalen Systems: Moderne Behandlungsmethoden

Über die Hälfte aller Frauen leidet mindestens einmal in ihrem Leben unter einer unkomplizierten Infektion des Harn- und Geschlechtsapparates. Hierbei sind wiederum Chlamydien und Infektionen mit Escherichia Coli sehr oft zu beobachten. Zum Urogenitalsystem zählen die inneren und äußeren Geschlechtsorgane, die Niere, Harnblase, Harnröhre und der Harnleiter.

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Symbolbild

Durch das insgesamt hohe Vorkommen dieser Krankheiten, wird immer öfter auch eine Resistenz der Bakterien gegen Antibiotika festgestellt. Der Einsatz von Antibiotika lässt sich zwar in diesen Fällen meist nicht vermeiden, jedoch müssen sie sehr verantwortungsvoll eingesetzt werden, um eine solche Resistenz bestmöglich zu verhindern. 

Neben dem generellen Einsatz von Antibiotika ist auch eine präzise Dosierung – je nach Art der Bakterien – erforderlich. Je genauer man die Dosierung einstellt, desto größer sind die Erfolge und die Gefahr einer Resistenz kann besser gehemmt werden.

Unterschied zwischen komplizierten und unkomplizierten Harnwegserkrankungen

Bei den meisten Infektionen des Harn- und Geschlechtsapparates handelt es sich um eine unkomplizierte Form. Das bedeutet, dass zwar Brennen und Jucken auftreten oder der häufige Drang zum Wasserlassen, jedoch keine tiefergehenden Probleme auftreten. Von einem komplizierten Harnwegsinfekt bzw. Infekt der Geschlechtsorgane spricht man, wenn relevante Begleiterkrankungen wie Diabetes oder eine eingeschränkte Nierenfunktion vorliegen.

Wissenschaftler arbeiten an neuen Wegen der Behandlung

Resistenzen bereiten den Wissenschaftlern Sorgen, da sie bereits bei bis zu 25% der Infektionen beobachtet werden. Sie arbeiten fieberhaft an neuen Wirkstoffen. Bisher jedoch ist eine Behandlung mit Antibiotika immer noch die beste Wahl. 

Ein systematischer und auf einer gründlichen Diagnose beruhende Therapie scheint derzeit die beste Methode zu sein, um eine Infektion zu behandeln und gleichzeitig vor Resistenzen zu schützen.

Beispiel: Chlamydien

Chlamydien kommen sehr häufig vor und lassen sich immer noch sehr gut mit Antibiotika behandeln. Da Chlamydien sexuell übertragbar sind, ist ein Verzicht auf sexuelle Kontakte oberstes Gebot. Je früher mit einer Behandlung begonnen wird, desto größer sind auch die Heilungserfolge und desto schneller greift die Therapie. 

Chlamydien sind mit Antibiotika gut behandelbar und heilbar. Je früher die Behandlung beginnt, desto einfacher und kürzer ist sie normalerweise. Wegen des hohen Ansteckungsrisikos sollte auf Sex verzichtet werden, bis die Therapie abgeschlossen ist. Für den Erfolg ist insbesondere auch die Dosis entscheidend. Die richtige Dosis von Azithromycin kann sehr schnell zu einem Abklingen einer Chlamydieninfektion führen. 

Beispiel: Escherichia coli 

Bei der Behandlung von Escherichia Coli gibt es jedoch bereits erste große Erfolge mit einer Alternative. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Benzylsenföl (gewonnen aus Kapuzinerkresse) eine sehr gute Wirkung gegen multiresistente Escherichia Coli zeigt. Ähnliche Senföle aus Meerrettich und Senfsamen zeigen ebenfalls vielversprechende Wirkung. 

Da Escherichia Coli zu den häufigsten Erregern einer Harnwegsinfektion gehört, haben die Wissenschaftler sehr großes Interesse daran, neue Wege zu gehen, um Resistenzen entgegenzuwirken. Prof. Frank Günther, Marburg, sagt: “Der Einsatz der pflanzlichen Senföle kann daher einen Beitrag zur Entschärfung der Resistenzproblematik leisten”. 

Prof. Günther verweist zudem auf die antivirale und entzündungshemmende Wirkung von Senfölen. Er resümiert, dass die “umfassenden Wirkansätze der Senföle bei Bakterien die Entwicklung möglicher Resistenzmechanismen gegen diese Pflanzensubstanzen deutlich erschwert”. Wir dürfen sehr gespannt sein, was hier in den nächsten Jahren noch alles passieren wird. 

Ermittlung der genauen Resistenzen könnte ein weiterer Weg sein

Ein anderer Ansatz der Wissenschaft ist die Ermittlung der Resistenzen eines konkreten Bakterienstamms. Denn wenn der Arzt genau weiß, gegen welche Antibiotika ein Stamm resistent ist, können gezielt andere Präparate eingesetzt werden. 

Standardmäßig müssen die Keime dafür jedoch im Labor über mehrere Tage hinweg in Gegenwart verschiedener Antibiotika kultiviert werden. Dies dauert jedoch einfach zu lange, da sich die Infektion in dieser Zeit weiter ausbreiten kann. Nun gibt es aber ein neues Verfahren, das “High-resolution clonal typing”, bei dem das Erbgut ermittelt werden kann und so schnelle Rückschlüsse auf Resistenzen möglich sind. 

Erreger schneller wachsen lassen

Ein weiterer Ansatz ist die Anregung des Wachstums bestimmter Erreger. Antibiotika wirken, indem Sie in den Teilungsprozess der Bakterien eingreifen. Wenn sich diese aber nicht teilen oder nur sehr langsam teilen, haben es Antibiotika schwer. Wissenschaftler der  Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg gehen nun vollkommen neue Wege. Sie regen zunächst das Wachstum der Erreger an, die dann mittels Antibiotika behandelt werden können. 

Das Erbgut entschlüsseln

In der Regel dauert die Forschung zu einem neuen Antibiotikum viele Jahre und kann schnell rund 1 Milliarde Euro kosten. Daher scheuen sich viele Pharmaunternehmen, neue Medikamente in diesem Bereich zu entwickeln unter dem Hintergrund, dass diese nach einiger Zeit bereits wirkungslos sein könnten. Forscher haben in den letzten Jahren ein Gerät entwickelt, mit dem Sie das Erbgut von Bakterien ziemlich schnell untersuchen und mögliche Resistenzen vorhersagen können. Dies könnte nun die Pharmaindustrie neu beflügeln, da neue Präparate mit deutlich weniger Zeit- und Kostenaufwand entwickelt werden können. 

Wie entstehen eigentlich Resistenzen?

In früheren Jahren wurden Antibiotika sehr verschwenderisch eingesetzt, was zu sogenannten Resistenzen geführt hat. Bakterien haben ausgeklügelte Mechanismen, um sich anzupassen … und nicht nur das: Die geben diese Informationen nicht nur über das Erbgut an ihre eigenen “Nachkommen” weiter, sondern auch an andere Bakterienstämme, die dann ebenso resistent werden. 

Welche Ursachen gibt es für Resistenzen gegen Antibiotika?

Mit Abstand am häufigsten ist der zu häufige Einsatz von Antibiotika, oftmals in Fällen, in denen sie gar nicht nötig gewesen wären bzw. in denen sie nichts ausrichten können, da eine Infektion von Viren hervorgerufen wurde (gegen die Antibiotika nichts ausrichten können). 

Ein zweiter Grund ist aber auch das zu frühe Absetzen eines Medikamentes. Besonders wichtig ist, Antibiotika immer nach den Empfehlungen des Arztes konsequent einzunehmen. 

Wie schaffen es Bakterien, Resistenzen aufzubauen?

Die Mechanismen der Bakterien, um ihr Überleben zu sichern, sind besonders clever und vielseitig:

  • Poren, durch die das Antibiotikum normalerweise in die Bakterien eindringt, werden gezielt geschlossen.
  • Manche Bakterien können das bereits in ihre Zelle eingedrungene Antibiotika einfach wieder herauspumpen.
  • Bakterien sind in der Lage den “Stecker” des Antibiotikums so zu verändern, dass diese nicht mehr in die “Steckdose” am Bakterium passt. 

Es gibt sogar Bakterien, die bereits gegen mehrere Antibiotika resistent geworden sind. Diese haben entweder einen Mechanismus entwickelt, der bei verschiedenen Antibiotika wirkt oder aber sie haben gleich mehrere Mechanismen im Einsatz, die sie schützt. 

Nicht verrückt machen lassen

Man darf sich aber auch von den vielen Berichten über Resistenzen nicht verrückt machen lassen. Sollte die Behandlung mit einem Antibiotika nicht zum Erfolg führen, kann ganz einfach auf andere zurückgegriffen werden. Die Auswahl an Antibiotika ist relativ groß.