Mittwoch, November 12, 2025
13.4 C
London

Marburger Bund kritisiert “toxische Arbeitsumgebung” in Kliniken

Die Vorsitzende des Marburger Bundes, Susanne Johna, hat eine alarmierende Bilanz zur Führungskultur in deutschen Krankenhäusern gezogen. “Viele Ärztinnen kehren dem System frustriert den Rücken”, sagte Johna dem Fachdienst “Tagesspiegel Background Gesundheit”. Machtmissbrauch, Willkür und autoritäres Verhalten seien in vielen Kliniken strukturell verankert. Diese “toxische Arbeitsumgebung” bremse insbesondere weibliche Karrieren aus und gefährde am Ende die Patientensicherheit.

Marburger Bund Kritisiert &Quot;Toxische Arbeitsumgebung&Quot; In KlinikenKrankenhaus (Archiv), via dts Nachrichtenagentur

Anlass für ihre Kritik ist eine Umfrage des Hamburger Landesverbands des Marburger Bundes, in der Ärzte von Machtmissbrauch und autoritärem Führungsstil berichteten. “Ich bin der festen Überzeugung, dass, würden wir die Umfrage in anderen Teilen Deutschlands machen, leider genau solche oder ähnliche Ergebnisse herauskämen”, sagte Johna. Es handele sich nicht um Einzelfälle: “Was die Ärztinnen erleben – ich sage bewusst Ärztinnen, denn in der Mehrheit sind es Frauen – beruht auf strukturellen Problemen.”

Der Marburger Bund plane deshalb eine bundesweite Mitgliederbefragung zu Machtmissbrauch, Diskriminierung und Führungskultur, deren Ergebnisse im Frühjahr 2026 vorgestellt werden sollen.

Johna sieht die Ursachen auch in der stark hierarchischen Struktur der Kliniken: Die jungen Kollegen seien vollständig abhängig von ihrem Chef. Oft würden Weiterbildung und Arbeitsalltag nach Vorlieben und Launen entschieden. “Wenn sich jemand unbeliebt macht bei dem Weiterbilder, dann wird diese Person vielleicht nicht eingeteilt in einen Funktionsbereich, den sie erlernen möchte und auch muss.” Wer sich anpasse, um Konflikte zu vermeiden, lerne über die Jahre, zu schweigen – “auch da, wo man sprechen sollte”. Das schade letztlich auch den Patienten: Wenn alle lernen, dass sie besser den Mund halten, dann sei das schlecht – auch für die Patienten.

Obwohl zwei Drittel der Medizinstudierenden in Deutschland weiblich sind, bleibe die Spitze männlich dominiert. “Bei den leitenden Positionen, Chefarztpositionen, erst recht W3-Professuren, machen die Frauen nur etwa 16 Prozent aus. Und das bedeutet im Umkehrschluss, dass zu 84 Prozent auch heute noch Männer bestimmen, was gelehrt und wie ausgebildet wird – und am Ende auch, wie behandelt wird”, sagte Johna.

Frauen hätten es im System schwerer, weil die Weiterbildungszeit mit der Familiengründungsphase zusammenfalle. “Perfide ist, dass einige Führungspersonen diesen Umstand den Frauen zum Vorwurf machen und als Karrierekiller legitimieren”, so Johna. Sie berichtete aus eigener Erfahrung: “Als ich mit meinem ersten Kind schwanger war, da sagte mein Chef: `Ach schade, ich dachte, aus Ihnen wird mal was.`”

Positiv hob Johna jene Chefärzte hervor, “die ihre Führungsrolle reflektieren und positiv gestalten”. Doch insgesamt bleibe die Veränderung schwierig. “Am Ende kehren viele Frauen dem System frustriert den Rücken”, so Johna. Die Kliniken könnten es sich aber nicht leisten, hochqualifiziertes Personal zu verlieren. “In der Wirtschaft wird längst in Strukturen und Programme investiert, um die klugen Köpfe zu halten. Das ist im Krankenhaus alles noch nicht richtig angekommen.”

Johna forderte Arbeitgeber, Ärztekammern und Länder auf, gegenzusteuern. “Die Ärztekammern können nicht nur Rügen aussprechen bei Fehlverhalten, sondern auch Weiterbildungsbefugnisse entziehen”, sagte sie. Die Länder könnten bei der Krankenhausreform jene Häuser bevorzugen, “die Mitarbeiterförderprogramme haben und Antidiskriminierungskampagnen initiieren”. Eine gesetzliche Regelung sei nicht nötig: “Wir haben bereits ein Antidiskriminierungsgesetz, dieses Schwert könnte man im Extremfall ziehen.” Vielmehr fehle vielerorts das Bewusstsein.

DTS Nachrichtenagentur
DTS Nachrichtenagentur
Autor dieses Artikel ist unser Partner, die dts Nachrichtenagentur.

Meistgelesen

Schwerer Verkehrsunfall in München – Kleinkind stirbt nach Kollision

München | Am Montagnachmittag, den 10. November 2025, kam...

Berufsfeuerwehr Augsburg präsentiert weltweit ersten Löschroboter auf Schienen und Raupen

Die Berufsfeuerwehr Augsburg hat heute ein technisches Novum vorgestellt:...

Bildergalerie | Der Augsburger Presseball 2025

Unter dem Motto „Tanz im Lichterglanz“ feierten rund 2000...

Polizeibericht Augsburg und Region vom 11.11.2025

Hier lesen Sie den Polizeibericht Augsburg und Region von heute

Polizeibericht Augsburg vom 10.11.2025

Hier lesen Sie den Polizeibericht Augsburg von heute

Neueste Artikel