Nach tödlichem Raserunfall bei IKEA in Augsburg | Anklage gegen 54-Jährigen erhoben

Die Staatsanwaltschaft Augsburg hat gegen einen heute 54-Jährigen wegen verbotenem Kraftfahrzeugrennen in Tatmehrheit mit verbotenem Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung Anklage zum Landgericht Augsburg erhoben. 

Dem Angeschuldigten wird vorgeworfen, im Oktober 2021 sowie am 26.08.2022 zwei nach § 315 d Absatz 1 Nr. 3 StGB verbotene Kraftfahrzeugrennen in der Begehungsform der verkehrswidrigen Geschwindigkeitsüberschreitung unternommen zu haben (sogenanntes „Rennen gegen sich selbst“). 

Bei der Fahrt am 26.08.2022 gegen 19:30 Uhr begleiteten den Angeschuldigten drei Mitfahrer – im Alter von damals 21 bzw. 26 Jahren – in dem stark motorisierten Unfallfahrzeug der Marke Mercedes GL63 AMG. 

Augsburg | Mercedes fliegt auf IKEA-Parkplatz – 21-jährige Beifahrerin überlebt nicht

Der Angeschuldigte bog an der Kreuzung Gablinger Weg/ Stuttgarter Straße nach links ab und soll sogleich unter grober Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt Vollgas gegeben haben, um die Beschleunigung des Fahrzeugs vorzuführen und sodann die unter den in der Verkehrssituation gegebenen Umständen höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.  Sämtliche Insassen des Fahrzeugs sollen bei diesem Manöver aufgrund der enormen Beschleunigung stark in ihre Sitze gedrückt worden sein. 

Der Angeschuldigte nahm es bei dieser Fahrt zumindest billigend in Kauf, dass andere Verkehrsteilnehmer, aber auch die bei ihm im Fahrzeug sitzenden Mitfahrenden an Leib oder Leben gefährdet werden könnten.  

In der anschließenden Linkskurve verlor der Angeschuldigte dann endgültig die Kontrolle über sein Fahrzeug: Am Anfang der Kurve fuhr der Angeschuldigte mit einer Geschwindigkeit von 111 km/h bis 145 km/h, wobei die Kurvengrenzgeschwindigkeit in dieser Linkskurve 112 km/h bis 120 km/h beträgt. Etwa 41 Meter nach den ersten – durch erfolglose Lenkmanöver des Angeschuldigten verursachten – Reifenspuren am Anfang der Kurve prallte der Angeschuldigte aufgrund seiner stark überhöhten Geschwindigkeit bei gleichzeitiger massiver Überschätzung der eigenen Fahrkünste mit seinem Fahrzeug mit den Vorderrädern wuchtig gegen die am rechten Fahrbahnrand befindliche Bordsteinkante. 

Der Angeschuldigte überquerte mit seinem Pkw nach diesem heftigen Aufprall – unter mehrmaligem Abheben – zunächst einen Grünstreifen, dann einen Fuß und Radweg, durchbrach daraufhin einen Holzzaun und flog eine annähernd senkrecht abfallende Böschung herab. Danach passierte der Angeschuldigte in seinem Fahrzeug noch die Zufahrtsstraße zum Parkplatz des IKEA Möbelhauses, wobei der Angeschuldigte an dieser Stelle mit einer  Geschwindigkeit von 67 km/h bis 94 km/h fuhr. Die Fahrt endete mit einer Geschwindigkeit von immer noch 10 km/h bis 30 km/h in der Einfassung einer Einkaufswagensammelbox des Möbelhauses IKEA, wo noch reger Kundenverkehr herrschte. Zwei in der Nähe stehende Kundinnen konnten sich durch ihre blitzschnelle Reaktion gerade noch vor dem herannahenden Fahrzeug des Angeschuldigten in Sicherheit bringen. 

Zwei Mitfahrer wurden bei diesem Unfall verletzt, die damals 21-jährige Mitfahrerin erlitt tödliche Verletzungen am Kopf. 

Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt kurz nach dem 15.10.2021, jedenfalls noch im Oktober 2021, unternahm der Angeschuldigte in den Abendstunden zwischen 17:00 Uhr und 24:00 Uhr auf gleicher Strecke schon einmal eine solche Fahrt mit dem Mercedes GL63 AMG. Sein damals ca. 15  Jahre jüngerer Mitfahrer kam bei dieser Fahrt, bei welcher das Fahrzeug annähernd 200 km/h erreichte, mit dem Schrecken davon. Aufgrund der hohen Geschwindigkeit schwankte und wippte das Fahrzeug in der Kurvenkombination  vor dem IKEA-Möbelhaus zwar, verließ jedoch nicht die Straße. 

Auf der gesamten Strecke gilt eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50  km/h. 

Das Strafgesetzbuch sieht für verbotene Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren vor. Ferner droht dem Angeschuldigten neben dem Entzug der Fahrerlaubnis eine lebenslange Sperre für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis (§ 69a Abs. 1 S. 2 StGB).

Nach Eingang der Anklageschrift hat die zuständige Kammer des Landgerichts Augsburg einen Haftbefehl gegen den Angeschuldigten erlassen. Nach der Festnahme am 11.05.2023 sitzt er nunmehr in Untersuchungshaft. 

Über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens muss das Landgericht Augsburg noch entscheiden.