Ganz gleich, ob Sie diesen Herbst Ihr Studium an der Universität Augsburg beginnen, an einer anderen Hochschule oder ob Sie anderweitig in Lernsituationen eingebunden sind: Überall begegnen Ihnen Fremdwörter, Vokabeln und sonstiger Stoff zum Lernen. Als Absolvent einer schulischen Laufbahn könnten Sie der Annahme sein, über die Jahre implizit eine effiziente Routine zum Auswendiglernen erarbeitet zu haben. Woran hier jedoch das Problem besteht und wie Sie zu einem besseren Verständnis des Lernens an sich gelangen, darum soll es in diesem Beitrag gehen.

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Symbolbild

Auswendiglernen ist der Übeltäter

In der Schule wird — systemisch bedingt — den Schülern leider eine ungünstige Kultur des Lernens vermittelt. Phasen der Behandlung des Stoffes werden durch kleinere oder größere terminierte Wissensabfragen unterbrochen. Das können kurze, schriftliche Kontrollen sein oder auch Klassenarbeiten, die inhaltlich mehrere Wochen des Unterrichts behandeln. Wohl die Mehrheit der Schüler verfolgt dabei die Lernstrategie, möglichst viel Inhalt knapp vor Testbeginn auswendig zu lernen. Diese Form des Lernens bringt den Stoff dabei höchstens ins volatile Kurzzeitgedächtnis, was unter Umständen für ein kursorisches Abrufen während einer Arbeit ausreicht — solange die Inhalte zeitlich nicht zu weit weg vom eigentlichen Test sind. Doch daraus ergeben sich Probleme, die mindestens zwei Formen annehmen: Einerseits sind die so „gelernten“ Inhalte von kurzer Dauer, werden rasch wieder aus dem Kurzzeitgedächtnis gelöscht und müssten bei einem späteren Test zum gleichen Thema erneut einstudiert werden. Andererseits wird durch den Übergang zum nächsten Thema in der Unterrichtseinteilung auch kognitiv ein Schnitt vollzogen: Das eben Verinnerlichte ist nicht mehr von Belang, da durch das Fehlen weiterer Tests keine schlechte Note mehr zu befürchten ist. Damit geht eine sehr unnatürliche und thematisch abgehackte Form des Lernens einher, die dem wohl von mehr Erfolg geprägten verbindenden und Zusammenhänge suchenden Lernen zuwiderläuft. Doch gibt es keine Lösung, die besser geeignet ist, um Stoff dauerhaft ins Langzeitgedächtnis zu bringen? Doch, und sie hat verschiedene Namen, wie Phase 6, spaced repetition oder auch „verteilte Wiederholung“. Wie es genau funktioniert, darum soll es abschließend gehen.

Spaced Repetition macht studierfähig

Es mag in der Schulzeit noch funktionieren, doch spätestens beim lernintensiven und thematisch immer diffiziler werdenden Studium stößt das kurzfristige, separate Auswendiglernen an seine Grenzen. An der Hochschule ist es vonnöten, komplexe Sachverhalte mit Wissen aus vorherigen Semestern, Seminaren und Vorlesungen anzureichern, zu verstehen und analysieren zu können. Hier kommt die erwähnte phase6-Systematik ins Spiel. Mit passender Lernsoftware, heute natürlich auch rein digital möglich, ist diese Methodik im Grunde mit einem einfachen Karteikasten umsetzbar. Die Grundlage ist die Wiederholung des Lernstoffes. Kurz zum Begriff des Lernstoffes an sich: Am einfachsten umsetzbar ist das System mit Vokabeln einer Fremdsprache. Auf der Vorderseite einer Karteikarte ist ein Wort in der Ziel- oder Muttersprache, auf der Rückseite das Pendant in der jeweils anderen Sprache. Doch prinzipiell lassen sich auch andere Themen lernen, die man durch Frage und Antwort auf Vorder- und Rückseite einer Karte unterbringen kann. Der Karteikasten ist dabei in 6 Fächer unterteilt, wobei alle Lernkarten zunächst in der vordersten ersten „Phase“ stecken. Wollen Sie phase6 anwenden, so beginnen Sie damit, nach und nach die Kartenvorderseiten zu lesen, innerlich zu beantworten und mit der korrekten Antwort auf der Rückseite zu vergleichen. Lagen Sie richtig, stecken Sie die Karte in das nächste Fach, also die nächste Phase. Liegen Sie falsch, wird die Karte um eine Phase zurückgesetzt (wenn sie nicht mehr in der ersten Phase war). Täglich arbeiten Sie sich so durch den Karteikasten, müssen dabei aber nicht immer alle Fächer abarbeiten. Je höher die Phase, desto seltener werden die Karten darin wiederholt. Hier wird der sogenannte „Spacing-Effekt“ ausgenutzt. Gemäß diesem Phänomen werden Inhalte besser im Gedächtnis verankert, wenn sie über längere Zeitabschnitte gelernt und wiederholt werden. Ganz im Gegensatz dazu steht das nur über kurze Zeit stattfindende intensive Lernen, wie es typischerweise vor Prüfungen geschieht. Mit dem System der spaced repetition werden demnach schwierig zu merkende Inhalte häufiger wiederholt, während einfache Inhalte den Lernfluss nicht durch überproportionales Vorkommen blockieren. Da die Pflege eines analogen Karteikastens sowohl aufwändig als auch unpraktisch ist — da man zum Lernen an einen Ort gebunden ist — gibt es mittlerweile digitale Lösungen für Computer und Smartphone. Das hat zudem den entscheidenden Vorteil, dass Ihnen die Kontrolle der Zeitintervalle von der Software abgenommen wird und Sie sich nur noch um das Einpflegen neuer Inhalte sowie das Lernen der digitalen Karten kümmern müssen, welche aktuell an der Reihe sind. So ausgestattet gelangen Sie rasch in eine neue, effizientere und effektivere Form des Lernens, bei der alte Inhalte auch mal auf neue treffen und synaptisch verbunden werden können. Probieren Sie es bei der nächsten Fremdsprache oder im Studium aus, es wird sich lohnen.