„Seit meinem Amtsantritt regiert Corona mit“ – Augsburgs OB Eva Weber 100 Tage im Amt

Seit 100 Tagen ist Eva Weber als neue Augsburger Oberbürgermeisterin im Amt. Dass dieser Tag auf den 8. August fällt, an dem das Augsburger Friedensfest gefeiert wird, sieht sie als motivierendes Zeichen: „Im Kern geht es bei unserem stadtweiten Feiertag um das tolerante und friedliche Miteinander in der Stadtgesellschaft, zu dem jede und jeder Einzelne beitragen kann. Zum Beispiel dadurch, die eigene Überzeugung zu leben und gleichzeitig dem Gegenüber sein Anrecht auf eine eigene Interpretation der Dinge zuzugestehen. So entsteht Dialog, den wir in unserer Demokratie unbedingt brauchen. Eine gesunde Streitkultur gehört dazu“, so die Stadtchefin.

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Foto: Martin Augsburger

Entschiedener Einsatz für Alternativen

Seit ihrem Amtsantritt am 1. Mai – die Stadtregierung folgte an der konstituierenden Sitzung am 4. Mai – unterliegt das kommunale „Regierungshandeln“ den Auflagen des Infektionsschutzgesetzes zur Eindämmung der Covid-19- Pandemie. Vor allem das kulturelle und das öffentliche Leben bedarf nach wie vor der Unterstützung und geordneten Regeln. „Dass in einer solchen Situation zum Beispiel eine Sitzung des Kulturausschusses mangels Tagesordnungspunkten abgesagt wurde, war formell zwar zutreffend, in der Gesamtschau aber ungeschickt. Den öffentlichen Unmut darüber kann ich nachvollziehen“, räumt die OBin ein. Gleichwohl hat die Stadt unter anderem mit der Sommerbühne im Annahof, dem Augsburger Stadtsommer, der finanziellen Unterstützung für die Kulturszene und mehreren dezentralen kleinen Volksfest-Veranstaltungen, die im August und September möglich sind, bestmögliche Alternativen auf den Weg gebracht. „Das alles wäre ohne eine gut abgestimmte Koordination und Kooperation mit Bürgermeisterin Martina Wild und allen meinen Referenten-Kollegen nicht möglich gewesen“, sagt die Oberbürgermeisterin.

Abgestimmte Konzepte fürs öffentliche Leben

Sie zielt dabei etwa auf die unermüdliche Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitsamt zur Bewältigung der Corona-Auswirkungen samt der Einrichtung lokaler Testzentren ebenso ab, wie auf Beratungsleistungen für Kulturschaffende, Hygienekonzepte zur Öffnung der Freibäder und Sportstätten für den Vereinssport, die Schaffung von Not- Betreuungsmöglichkeiten für Kinder, bis hin zu einem umfangreichen Maßnahmenkonzept für die Maxstraße und die Innenstadt, einschließlich einer zeitlich beschränkten Umwandlung von Parkplätzen im öffentlichen Raum zur gastronomischen Nutzung – wo dies rechtlich und räumlich möglich ist. „Für die Bewältigung der Pandemie gibt es keine Blaupause und keinen Plan in der Schublade. Vor diese Aufgabe bin ich zusammen mit der gesamten Stadtspitze gestellt und diese gilt es gemeinsam zu bewältigen“, sagt die Oberbürgermeisterin.

Stadtregierung ab 1. Oktober komplett

Rückblickend auf ihre ersten 100 Tage im Amt als Stadtchefin hält sie fest, dass neben organisatorischen Änderungen innerhalb der Stadtverwaltung, die zusammen mit Zweiter Bürgermeisterin Martina Wild (Bündnis 90/Die Grünen) und Drittem Bürgermeister Bernd Kränzle (CSU) sowie allen Referenten-Kollegen vollzogen wurden, auch die alltägliche Arbeit der Stadtregierung Fahrt aufgenommen hat – „wenn auch längst nicht in der Intensität, wie es ohne die durch Corona verursachte Gemengelage von allen politisch Verantwortlichen zu Beginn einer Ratsperiode eigentlich üblich ist“, bedauert die Stadt-Chefin. Trotzdem, so betont sie, dürfe die Pandemie nicht als vorgeschobene Entschuldigung für die Nicht-Umsetzung von Themen und Projekten dienen. Im Gegenteil: „Die Augsburgerinnen und Augsburger dürfen von der Stadtpolitik erwarten, dass auch trotz oder gerade wegen der besonderen Umstände andere wichtige Themen nicht ins Hintertreffen geraten.“

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Vor diesem Hintergrund ist sie froh, dass vor allem die Referenten-Stellen für Soziales sowie Kultur, Welterbe und Sport im Juni besetzt wurden und ihr Regierungs-Team ab Oktober komplett ist. „Im Stadtrat haben diese beiden politischen Besetzungen zu harten Debatten geführt – vielleicht zu hart. Etwas weniger Konfrontation hätte dem neu zusammengesetzten Gremium sicher besser getan“, gibt die OBin zu bedenken.

Angespannte Finanz- und Haushaltssituation

Dass sie mit ihrem Regierungsteam besondere Herausforderungen zu meistern hat, ist Eva Weber nur allzu bewusst. An erster Stelle: der städtische Haushalt. „Die Aufstellung des zweiten Nachtragshaushalts 2020 und des Doppelhaushalts 2021/2022 wird von der Corona-Situation nicht nur überschattet, sondern stark erschwert. Wir dürfen unseren Haushalt weder überbeanspruchen, noch wäre ein irreparabler Kahlschlag, wie er durch den Baustopp laufender Projekte oder die Kürzung von Zuschüssen für soziale oder kulturelle Einrichtungen entstehen würde, hilfreich“, sagt sie. An Schulhaussanierungen, Digitalisierungskonzepten für Schulen und Verwaltungsleistungen, mehr Klimaschutz in Kooperation mit dem neuen Klimabeirat und den Ausbau der Fahrrad-Infrastruktur hält sie daher zusammen mit allen Verantwortlichen der schwarz-grünen Stadtregierung ebenso fest, wie am Jahrhundertprojekt der Sanierung des Staatstheaters, die weiter fortgesetzt werden kann.

Industrie-Knowhow für den Wirtschaftsstandort

Ganz besonders im Blick hat die Oberbürgermeisterin die Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Augsburg. „Der angekündigte massive Stellenabbau bei MAN oder Premium Aerotec ist schon lange diskutiert worden, wurde durch Corona jetzt aber unfassbar beschleunigt und hat mich in seinem Umfang doch geschockt! Wir erleben in Augsburg eine permanente Strukturveränderung, brauchen aber unsere industriellen „Kerne“ unbedingt, damit Innovationen in anderen Bereichen, wie etwa künstliche Intelligenz oder Digitalisierung, möglich werden. Das grundlegende Knowhow von Unternehmen im Bereich Maschinen- oder Flugzeugbau ist für den Wirtschaftsstandort unverzichtbar. Davon profitieren auch mittelständische Unternehmen und der gesamte regionale Arbeitsmarkt“, so die Oberbürgermeisterin.

Dem Anspruch als Umweltstadt gerecht werden

Trotz Corona-bedingter Einschränkungen für das öffentliche Leben und der Auflagen, die es unbedingt einzuhalten gilt – an den Zielen, die OBin Eva Weber mit ihrer Stadtregierung
umsetzen möchte, ändert dies nichts. Dazu gehört in erster Linie mehr Klimaschutz und ein Umdenken im Mobilitätsverhalten, das nicht automatisch dem Kfz-Verkehr den Vorrang einräumt. „Wir sind eine moderne Großstadt und wir sind Umweltstadt. Diesem Anspruch möchte ich gerecht werden“, sagt Oberbürgermeisterin Eva Weber.