Sie kommen meist in der Nacht, sind schnell wieder weg – und hinterlassen einen gewaltigen Schaden: Geldautomatensprenger schlagen auch in Bayern immerwieder zu und gehen dabei professionell vor. Zwar ist die Gesamtzahl der Fälle von gesprengten Geldautomaten im Freistaat in den vergangenen drei Jahren gesunken. Jedoch nutzen die Täter vermehrt sogenannten Festsprengstoff und werden damit von Jahr zu Jahr erfolgreicher. In dem Zusammenhang steigt auch die Beutesumme.
Das zeigt ein Blick in die Statistik des Bayerischen Landeskriminalamts (BLKA):
– Im Jahr 2019 wurden 27 Fälle von gesprengten Geldautomaten registriert. In 11 Fällen
flohen die Täter mit Beute, in 16 Fällen gingen sie leer aus. Die Summe der Beute lag
bei rund 900.000 Euro.
– Für das Jahr 2020 zählt das BLKA 24 Taten. In 15 Fällen gelang es den Tätern, Beute zu
machen, in 9 Fällen nicht. Die Beute betrug rund 1,8 Millionen Euro.
– Im Jahr 2021 gab es 17 Fälle von gesprengten Geldautomaten. In 10 Fällen erbeuteten
die Täter Bargeld, in 7 flohen sie mit leeren Händen. Die Summe der Beute lag 2021 bei
etwas mehr als 1 Million Euro.
– Während 2019 noch 24 von 27 Fällen mit Gas begangen wurden, waren es 2021 nur 7
von 17 Fällen. In 6 Fällen kam 2021 Festsprengstoff zum Einsatz. 2020 wurde in 20
Fällen Gas verwendet, in zwei Fällen Festsprengstoff, in zwei Fällen blieb das Sprengmittel
unbekannt.
– In diesem Jahr wurden bis zum Stichtag 4. Februar 2022 fünf Geldautomaten
gesprengt, davon drei mit Festsprengstoff und einer mit Gas. In vier Fällen gelang es
den Tätern, Beute zu machen.
Hinter dem Begriff Festsprengstoff verbergen sich unterschiedliche Explosivstoffe. In den
meisten Fällen kommt selbst hergestellter Sprengstoff zum Einsatz, sogenannte
Selbstlaborate. Selten nutzen die Täter auch militärischen Sprengstoff, den sie sich im
Ausland besorgen. Beiden Sprengmitteln gemein ist die gewaltige Sprengkraft. Oft
werden die Geldautomaten bei den Attacken vollkommen zerstört, der Materialschaden
liegt schnell im fünfstelligen Bereich.
Doch auch Menschen können bei der Sprengung von Geldautomaten sowohl mit Gas als
auch mit Festsprengstoff Schaden nehmen. Auch wenn die Täter oft zu einem Zeitpunkt
zuschlagen, zu dem keine Kunden Geld abheben wollen, bleibt ein Risiko für Leib und
Leben von Passanten und Bewohnern etwa von Wohnungen oberhalb von Bankfilialen.
Unabhängig davon, wo ein Geldautomat aufgestellt ist, können Trümmer und Splitter
umherfliegen. Zudem entstehen bei jeder Sprengung erhebliche Gebäudeschäden.
Franken als Hotspot in Bayern
Nach der Tat fliehen die Geldautomatensprenger, die in Kleingruppen agieren, in der
Regel in hochmotorisierten Fahrzeugen. Viele von ihnen stammen aus dem Maghreb,
leben in den Niederlanden und reisen für die Taten nach Deutschland. Ein Grund dafür ist,
dass viele Banken in den Niederladen ihre Automaten mittlerweile besser schützen als
noch vor einigen Jahren, sowohl technisch als auch etwa durch begrenzte Öffnungszeiten
bzw. Betriebszeiten der Automaten. Dass die Täter keinerlei persönliche Bezüge zu dem
Ort haben, an dem sie zuschlagen, erschwert die Ermittlungen. So schnell die Täter am
Tatort sind, so schnell sind sie wieder weg. Die Region Franken ist ein Hotspot in Bayern,
da der Anreiseweg der niederländischen Täter geringer ist als in andere bayerische
Regionen.
Nach jeder Tat starten die Polizeipräsidien umfangreiche Fahndungsmaßnahmen, jagen
die Täter mit vielen Einsatzkräften und Hubschraubern. Je nach Einsatzlage unterstützen
Entschärfer und Sprengstoffermittler des BLKA bei der Tatortarbeit. Sowohl die örtlichen
Polizeipräsidien als auch das BLKA ermitteln dann unter der Sachleitung der jeweils
zuständigen Staatsanwaltschaft. Anfang 2019 wurde beim BLKA zudem eine zentrale
Ermittlungsstelle eingerichtet, die die Arbeit der örtlichen Polizeipräsidien unterstützt und
auch eigene Ermittlungen durchführt. Sie ist zentraler Ansprechpartner für die sachbearbeitenden Dienststellen der Bayerischen Polizei, anderer betroffener Bundesländer, für das Bundeskriminalamt und Europol sowie für Sicherheitsbehörden im benachbarten
Ausland, insbesondere mit den niederländischen Ermittlungsdienststellen.
„Wir lassen im Kampf gegen Geldautomatensprenger nicht locker“, betont BLKA-Präsident
Harald Pickert. „Unsere Ermittlerinnen und Ermittler heften sich an die Fersen
der Täter, um diesen zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland und
Europa das Handwerk zu legen.“ Nichtsdestotrotz wird die Polizei weiter mit dem
Phänomen zu kämpfen haben, bis wirksame Präventionsmaßnahmen die Täter von
weiteren Taten abhalten werden. Hier sind in erster Linie die Banken in der Pflicht!