Sohn des ersten Nachkriegs-OB zu Besuch in seiner Heimatstadt Augsburg

Der Name Dreifuß ist eng mit der kommunalpolitischen Geschichte Augsburgs verbunden. Ludwig Dreifuss (1883-1960) war der erste Oberbürgermeister der Stadt, den die amerikanische Militärregierung nach dem 2. Weltkrieg 1945 kommissarisch in dieses Amt eingesetzt hat.

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Besuch von Ralph Dreike (rechts im Bild mit Stock) aus den USA, dessen Vater der erste Oberbürgermeister Augsburgs nach dem 2. Weltkrieg war. Empfangen wurde er von Andreas Jäckel MdL (links im Bild) in Vertretung von OB Dr. Kurt Gribl. Rechts neben Ralph Dreike seine Enkelin Sheela Saneinejad. Bild: Ruth Plössel/Stadt Augsburg.

Jetzt ist sein 97jähriger Sohn Ralph zu Besuch in Augsburg. Dem amerikanischen Staatsbürger ist es ein großes Anliegen, seinen Kindern seine Geburtsstadt Augsburg zu zeigen. Anlässlich seines Besuchs und in Erinnerung an das Wirken von Alt-OB Ludwig Dreifuß fand heute im Fürstenzimmer des Rathauses ein Begrüßungsempfang der Stadt mit geladenen Gästen statt.

Ralph Dreike, wie der Sohn von Augsburgs erstem Nachkriegs-Oberbürgermeister Ludwig Dreifuß heute heißt, ist nicht zum ersten Mal zu Besuch in seiner Heimatstadt. Auch als die Stadt seinem Vater 2001 die „Oberbürgermeister Ludwig Dreifuß-Straße“ nahe der City-Galerie widmete, war der US-Amerikaner dabei. Er kennt Alt-OB Dr. Peter Menacher und ist auch mit Gernot Römer gut bekannt. Denn der ehemalige AZ-Chefredakteur forscht als Ehrenvorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft über jüdische Familien in Schwaben und hat Etliches dazu publiziert.

Begrüßungsempfang mit geladenen Gästen

Neben den genannten Personen gaben auch Vertreter der städtischen Erinnerungskultur und der Erinnerungswerkstatt, der Israelitischen Kulturgemeinde Schwaben, des Augsburger Stadtarchivs sowie des Jüdischen Kulturmuseums Ralph Dreike beim Begrüßungsempfang im Fürstenzimmer des Rathauses die Ehre.

„Ludwig Dreifuß war ein unglaublich mutiger Mensch“

In Vertretung von Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl erinnerte Andreas Jäckel, CSU-Landtagsabgeordneter und Vorsitzender des Kulturausschusses im Augsburger Stadtrat, an die Verpflichtung jüngerer Generationen, immer wieder an die barbarischen Verbrechen des Dritten Reiches und des Holocaust zu erinnern, um damit dem Vergessen Vorschub zu leisten. Vor diesem Hintergrund werde in Augsburg Erinnerungskultur intensiv gestaltet – quer durch alle Schichten und vor allem an Schulen. „Wer nach den Verbrechen gegen das jüdische Volk sich dazu entschlossen hatte, wieder in Deutschland zu leben, der war mutig. Sehr mutig. Ihr Vater, Ludwig Dreifuß, war solch ein unglaublich mutiger Mensch. Er hat den Augsburgern, den Bayern und allen Deutschen nach 1945 die Hand gereicht – trotz allem erfahrenen Leid, trotz aller Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das haben wir nie vergessen und dies werden wir ganz besonders hier in Augsburg niemals vergessen“, sagte Jäckel.

Impulse für Demokratie, Toleranz und neues jüdisches Leben

Ludwig Dreifuß war jüdischer Sozialdemokrat und Überlebender des Konzentrationslagers Theresienstadt. Er kehrte als einer von 25 Menschen jüdischen Glaubens als einziger Überlebender von vier Geschwistern aus dem KZ Theresienstadt in seine Heimatstadt zurück. „Für Augsburg und die Stadtbevölkerung setzte er ab September 1945 zunächst als Oberbürgermeister und dann von 1946 bis 1948 als zweiter Bürgermeister wichtige Impulse für den Wiederaufbau und die Neuordnung der Stadt. Vor allem aber für Demokratisierung, Toleranz und Respekt anders Denkenden gegenüber. Auch für den Neuanfang der jüdischen Kultusgemeinde in Augsburg war dieses Wirken besonders wichtig. Was heute in und um die wunderbare Augsburger Synagoge an jüdischem Leben erblüht, wäre ohne die Rückkehr dieser zwei Dutzend Menschen jüdischen Glaubens nicht möglich gewesen“, führte Jäckel über Ludwig Dreifuß aus, der auch an der verfassungsgebenden Landesversammlung für Bayern mitgewirkt hat.

„Es ist wunderbar für mich, hier zu sein!“

Zusammen mit seinen vier Töchtern sowie seiner in Berlin lebenden Enkelin und deren Lebensgefährten zeigte sich Ralph Dreike gerührt von der Herzlichkeit seiner Augsburger Gastgeber. Seine Eltern hatten ihn aus Überlebensgründen Ende der 30er Jahre in die USA geschickt, wo eine Cousine väterlicherseits in Kalifornien lebte und für den Buben bürgte. Er machte seinen High School-Abschluss und studierte Pharmazie. Nach seiner Militärzeit wurde er Apotheker und gründete eine Familie mit sechs Kindern. Ralph Dreike, der seinen deutschen Namen Dreifuß amerikanisierte, lebt bis heute im Sunnyvale unweit des Google Campus in Kalifornien. Trotz der tragischen Erfahrungen in seiner Familie empfindet der hochbetagte Senior keine Verbitterung gegenüber Deutschland und Augsburg. „Jetzt, mit 97 Jahren, wollte ich in meine Heimatstadt kommen, um meiner Familie meine Wurzeln näherzubringen. Es ist wunderbar für mich, hier zu sein und schöne Erinnerungen mit nachhause zu nehmen“, sagte Ralph Dreike in seiner Muttersprache. (pm/stadt augsburg)