Studierende und Lehrende der Hochschule Augsburg konstruieren und fertigen die Surfwelle für Augsburg

Im Stadtzentrum von Augsburg entsteht am Senkelbach südöstlich des Plärrer-Geländes eine künstlich angelegte Surfwelle.

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Foto: Matthias Leo

„Im Innern der Konstruktion stecken Hightechmaterialien in Kombination mit recycelten Baustoffen. Unser Technikbeitrag zur Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit“, sagt Prof. Dr.-Ing. Sergej Rempel, Experte für Carbonbeton an der Fakultät für Architektur und Bauwesen der Hochschule Augsburg. Gemeinsam mit Studierenden der Fachrichtung Bauingenieurwesen und Mitgliedern des Vereins Surffreunde Augsburg e. V. werden in diesem Transferprojekt die Expertisen aus Technik und Wassersport zur Realisierung einer künstlichen Flusswelle gebündelt.

Die Surfwelle entsteht am Senkelbach mitten in Augsburg

Für die Surfwelle wird am Senkelbach eine vorhandene Sohlschwelle künstlich eingeengt und zu einem Wellenparadies umgestaltet. Auf einer Breite von acht Metern kann somit eine Welle erzeugt werden, auf der Wassersportbegeisterte mit dem Surfbrett, dem Bodyboard oder einem Kajak surfen können. Herzstück der Anlage ist eine Konstruktion, die sich unter Wasser befinden wird, um die Surfwelle zu erzeugen. Das Besondere an der Bauweise ist, dass die Technik-Expert:innen der Hochschule Augsburg die Bauteile nicht aus Stahlbeton sondern aus Recyclingbeton mit einer Carbonbewehrung konstruieren.

Carbon-Recyclingbeton – ein nachhaltiger Baustoff mit guter CO2-Bilanz

Bei der Herstellung von Beton gibt es seit einigen Jahren die Alternative, das mattenartige Gelege – die sogenannte Bewehrung – nicht aus Stahl, sondern aus Kohlenstofffasern wie Carbon zu fertigen. Eine Carbonbewehrung ist rostfrei und etwa sechs Mal tragfähiger als Stahl, dadurch können filigranere Betonelemente hergestellt werden, was im Vergleich zu Stahlbeton zu einer deutlich besseren CO2-Bilanz führt. Für die Konstruktion der Surfwelle in Augsburg kommt zudem eine zu 100 Prozent recycelte Gesteinskörnung und damit ein sogenannter zirkulärer Baustoff zum Einsatz. Prof. Dr.-Ing. Sergej Rempel: „Dank Carbonbeton war es möglich, die geschwungene Form der Surfwelle zu erstellen. Mit herkömmlicher Stahlbewehrung ist das so nur schwer umsetzbar, da sich Stahl im Vergleich zu Carbon nur schwer formen lässt. Zudem machen wir aus Bauschutt, der heutzutage in der Regel in großen Mengen immer noch auf der Deponie landet, eine neue Surfwelle, die langlebig und klimafreundlich ist. Das Projekt zeigt, dass die von uns eingesetzte Kombination aus Carbonbewehrung und Recyclingbeton funktioniert. Für die Bauwelt ist das zukunftsweisend.“

Studierende und Lehrende der Hochschule Augsburg konstruieren und fertigen die Surfwelle

Für die Surfwelle haben Studierende des Bachelorstudiengangs Bauingenieurwesen unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Sergej Rempel Planungs- und Konstruktionsleistungen erbracht. Neben den statischen Berechnungen, die in Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro Demuth + Schön aus Augsburg erfolgten, wurde für den Recyclingbeton eine neue Rezeptur entwickelt. Parallel dazu entwarf und baute eine Gruppe von Studierenden die gekrümmte Betonschalung. Hierfür wurde die Carbonbewehrung, die die Firma Albani Group zur Verfügung stellte, zurechtgeschnitten, in Form gebracht und anschließend als Bewehrungskorb zusammengebunden. Dieser konnte anschließend in der Schalung millimetergenau positioniert werden, bevor zum Schluss der Recyclingbeton eingefüllt wurde. In Kooperation mit der Firma Lauter Beton wurden bereits mehrere Fertigteile von den Studierenden produziert (s. Bilder). Lauter Beton stellte neben dem Beton auch die hochmoderne Umlauf-Fertigungsanlage in Bobingen zur Verfügung. Die Betonfertigteile werden in der ersten Bauphase voraussichtlich im April 2023 im Senkelbach zusammengesetzt.

Surfwelle Augsburg – Ökologische (Trend-)Sportstätte für Einsteiger und Profis

Initiiert wurde die Surfwelle von Wassersportbegeisterten Augsburger:innen, die hierzu den Verein Surffreunde Augsburg e. V. gegründet haben. „Durch die Kooperation mit der Hochschule Augsburg können wir urbanes Surfen auf ein neues Level heben: Nicht nur wird unsere Surfwelle durch die natürliche Wasserkraft vollkommen klimaneutral, also ohne CO2-Emissionen, laufen, jetzt können zudem alle Bauteile mit maximaler Rücksicht auf Ressourcenschutz hergestellt werden“, sagt Dr. Peter Miehle vom Verein Surffreunde Augsburg. „Der Aufbau unserer Surfwelle ermöglicht aber nicht nur einen ökologisch verantwortungsvollen, sondern gleichzeitig auch einen sicheren und verträglichen Betrieb. Im Gegensatz zu natürlichen Flusswellen wird die Surfwelle Augsburg mit einem Prallschutz und Auffang- sowie Hilfestellungsvorrichtungen für Anfänger:innen ausgestattet. Es werden zudem immer Aufsichtspersonen und Lebensretter vor Ort sein. Die Möglichkeit, individuelle Schwierigkeitsgrade für Fortgeschrittene und Profis einzustellen, erlaubt es außerdem, die Welle auch ‚unsurfbar‘ zu machen, d.h. abzuflachen, sodass gezielt Rücksicht auf Anlieger und allgemeine Ruhezeiten genommen werden kann“, so Dr. Miehle. Geplant ist, dass die Surfwelle – nach ersten technischen Test- und Optimierungsphasen – schrittweise zum Surfen geöffnet wird.

Gemeinsames Pilotprojekt mit Freistaat Bayern und Stadt Augsburg

Finanziell gefördert wird das Projekt unter anderem durch Mittel des Freistaats Bayern, die der Landtagsabgeordnete Dr. Fabian Mehring (FREIE WÄHLER) erfolgreich beantragt hat. „Die Surfwelle am Senkelbach wird ein weiterer sportlicher Leuchtturm unserer Bezirkshauptstadt, in der Augsburgs DNA als Sport- und Wasserstadt auf besondere Weise in einem Projekt zusammenfindet. Dass nun auch unsere Hochschule ihre Expertise einbringt und den Bau der Sportanlage mit modernster High-Tech bestückt, macht die Augsburger Welle schon vor ihrer Eröffnung zu einem bundesweit einzigartigen Projekt, bei dem auch die Nachhaltigkeit nicht zu kurz kommt“, freut sich Dr. Mehring, der Parlamentarische Geschäftsführer der FREIE WÄHLER-Regierungsfraktion im Landtag.

Die Förderung des Freistaats konnte aber nur durch einen weiteren Zuschuss der Stadt nach Augsburg geholt werden. Impulsgeber dafür ist der Augsburger Sportreferent Jürgen Enninger: „Die Surfwelle wird unsere Heimat nicht nur um eine beneidenswerte sportliche Top-Attraktion reicher machen. ,Surfen im Herzen der Stadt‘ wird auch das kulturelle Flair der Wasserstadt Augsburg mit ihrem UNESCO-Welterbe perfekt ergänzen. Dass dies nun eingebettet in das natürliche Umfeld und mit Hilfe nachhaltiger Baustoffe geschieht, begeistert mich ganz besonders.“

Im Rahmen ihrer Transferarbeit unterstützte die Hochschule Augsburg die Fertigstellung der Carbonbeton-Konstruktion durch HSA_transfer – die Agentur für kooperative Hochschulprojekte gefördert durch die Bund-Länder-Initiative „Innovative Hochschule”.

Die Surffreunde Augsburg sind der Hochschule Augsburg sowie den beteiligten Planungs- und Baufirmen für die praxis-fachliche und materielle Unterstützung sowie für die finanzielle Unterstützung durch die öffentliche Hand dankbar: „Die Technik-Expertisen und die Fördergelder sind der Grundstein, auf dem unser Projekt steht. Um die Anlage aber möglichst unabhängig über die Ziellinie bringen zu können, werden wir in Kürze eine Crowdfunding-Kampagne starten. Infos zu Unterstützungsmöglichkeiten und Mitgliedschaft gibt’s auf unserer Webseite: https://surfwelleaugsburg.de“, sagt Till Geier vom Verein Surffreunde Augsburg.