TV-Tipp | „Geklaute Geschichte – ‚Querdenker‘ und unsere Vergangenheit“

Von Gegnern der Corona-Maßnahmen werden oft geschichtliche Analogien bemüht, um die eigene Position zu bekräftigen. Die ZDF-History-Dokumentation „Geklaute Geschichte – ‚Querdenker‘ und unsere Vergangenheit“ am Sonntag, 31. Januar 2021, 23.45 Uhr, durchleuchtet den Trend zu historischen Vergleichen.

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„Querdenker“ und Co. protestieren mit historischen Reichsflaggen gegen die Corona-Politik.
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Gesundheitsschutz – per „Ermächtigungsgesetz“ wie 1933? Verfolgt – wie einst Anne Frank? Die Bundesrepublik eine „DDR 2.0“? „ZDF-History“ stellt diese und andere historische Vergleiche kritisch auf den Prüfstand und geht auch der Frage nach, warum man in Deutschland so gern die jüngste Vergangenheit für Vergleiche heranzieht. Die Sendung ist ab Samstag, 30. Januar 2021, 10.00 Uhr, fünf Jahre lang in der ZDFmediathek verfügbar.

Auf die Bühne einer „Querdenker“-Demonstration tritt im November 2020 eine junge Frau, die sich als „Jana aus Kassel“ vorstellt. Sie fühle sich wie Sophie Scholl, erklärt sie, da sie seit Monaten „im Widerstand“ sei – und meint damit ihre Ablehnung des Virenschutzprogramms. Einige Tage zuvor vergleicht sich ein elfjähriges Kind in Karlsruhe mit dem jüdischen Mädchen Anne Frank, das der NS-Mordmaschinerie zum Opfer fiel. Anlass für diese Parallele: Der Infektionsschutz erlaubte kein Geburtstagsfest, wie sonst üblich, mit mehreren Gästen.

Nicht erst seit diesen Zuspitzungen im Protest gegen die Anti-Corona-Politik dient die Gleichsetzung von Maßnahmen oder Personen der Tagespolitik mit verbrecherischen Diktaturen als Waffe im Meinungskampf. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch assoziierte einmal die Besteuerung von Vermögenden mit dem Tragen von Judensternen.

Göring, Goebbels und immer wieder auch Hitler gelten als gebräuchliche Schimpfnamen für politische Gegner. Besonders in Äußerungen von der politischen Rechten gehören historische Vergleiche zum rhetorischen Standard-Repertoire. So rückten AfD-Politiker Ende 2020 das Infektionsschutzgesetz in die Nähe des Ermächtigungsgesetzes, mit dem sich Hitler 1933 unumschränkte Macht bewilligen ließ.

Doch auch die DDR muss häufig für Vergleiche herhalten. Selbst einstige Bürgerrechtler sehen die Bundesrepublik auf dem besten Weg in eine „DDR 2.0“. Die öffentlichen Proteste gegen dieses „Regime“ werden nach dieser Lesart zu einer Fortsetzung der Friedlichen Revolution 1989/90.