„Augsburg ist Römerstadt und sogar mehr als das“ | Die exklusive Eva Weber-Kolumne, Juli 2023

Der Juli hat mit guten Nachrichten begonnen. Jahrelang ging in der Frage um ein Römermuseum nichts voran. Das fehlende Museum gehört zu den schwersten Erbschaften, die ich zu Beginn meiner Amtszeit überreicht bekam. Zuletzt haben wir bei dem Thema mehrere Dinge angestoßen. Welche neuen Pläne es unter anderem gibt, um unser römisches Erbe für die Welt sichtbar zu machen.

Lohner Schretter 33.Jpeg

In Augsburg schlummert ein großer Schatz. Jahrhunderte alt, mit großem Potential. Hinterlassen haben ihn die Römer. Der berühmte Pferdekopf dürfte wohl allen Augsburgerinnen und Augsburgern bekannt sein. Oder die Mauerreste einer großen römischen Therme beim Augsburger Dom, die 2016 bei Bauarbeiten entdeckt wurden. Da ist aber noch so viel mehr. Erst im Oktober 2021 wurde bei Ausgrabungen im Oberhausen der größte römische Silberschatz entdeckt, der jemals im heutigen Bayern gefunden wurde. Aberhunderte von Jahren lag er im Kies eines alten Flussbettes der Wertach unentdeckt, etwa vier Meter unter der heutigen Oberfläche wartete er auf seine Entdeckung. 5600 Silbermünzen, sogenannte Denare, aus dem 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. Welche Geschichte hat dieser Schatz zu erzählen? Wer hat ihn vergaben? Die Entdeckung war nicht nur in Fachkreisen eine Sensation.

Auch das kennt jedes Augsburger Kind: Bei nahezu jeder Baustelle werden römische Spuren entdeckt, es gebe viel zu erzählen. Es gebe viel zu zeigen. Augsburg ist die zweitälteste Stadt Deutschlands, 2000 Jahre Geschichte trägt sie in sich. Leider haben wir nicht erst seit der Schließung des langjährigen Römermuseums in der sanierungsbedürftigen Dominikanerkirche 2012 keinen Ort, um dieses wertvolle Erbe umfassend auszustellen. Im Hinblick auf die Frage, wie würdigen und zeigen wir dieses Erbe, ist es wohl auch eine der schwersten Erbschaften, die ich bei meinem Amtsantritt 2020 übernommen habe. Umso mehr freut es mich, dass wir nun die ersten „römischen“ Steine ins Rollen bringen konnten. 

Wo gibt es einen passenden Ort, wenn es in der Realität keinen gibt? Im World Wide Web! Erster Baustein auf dem Weg zu einer neuen Bühne für unser Römererbe ist die Entwicklung einer „Römer-App“ in Augsburg. Diese führt Interessierte künftig per Smartphone durch das römische Augsburg und ausgewählte Orte der Region zur damaligen Zeit. Ausgangspunkt soll der Alltag der damaligen Zeit sein – die Nutzenden sind dabei vor Ort und sollen mit Hilfe der App vergangene Lebenswelten in der jeweiligen heutigen stadträumlichen Situation erleben. So soll die Markthalle an der Ecke Pfärrle/ Stephansgasse digital rekonstruiert werden, so dass Nutzende verschiedene Marktstände besuchen und in Interaktion mit den Marktkaufleuten kommen können.

Vor Kurzem haben wir außerdem eine Kooperation mit Kempten angestoßen: Gemeinsam geben wir eine Studie in Auftrag, die eruieren soll, wie wir unsere römische Vergangenheit gemeinsam sichtbar machen können. Die Studie wird aufgrund ihrer hohen Bedeutung für die gesamtbayerische Museumslandschaft durch die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern mit 50 Prozent gefördert. 

Und der dritte Baustein ist ein richtig großer Wurf: Die Entscheidung des Wissenschafts- und Kunstausschusses im Landtag, die Augsburger Idee der gemeinsamen Landesausstellung „Römerland Bayern“ für 2028 in Augsburg, Kempten und Straubing weiterzuverfolgen. Jetzt ist unsere Chance da und zahlreiche Expertinnen und Experten unserer Stadtarchäologie, der Kunstsammlungen & Museen Augsburg, des Römischen Museums Augsburg, des Archäologischen Park Kempten, des Straubinger Gäubodenmuseums, der Archäologischen Staatssammlung München sowie der Universitäten Augsburg und München entwickeln gemeinsam ein Konzept, um mit Unterstützung des Freistaates unsere römischen Schätze in adäquatem Rahmen in überregionalem Kontext präsentieren zu können.

Denn genau das ist die Bühne, die sie brauchen! Augsburg ist Römerstadt und sogar mehr als das: Augsburg (Augusta Vindelicum) war als erster militärischer Standort und spätere Hauptstadt der großen Provinz Raetien von enormer Bedeutung für die Entwicklung Bayerns zur Herrschaftszeit der Römer, ein Motor gesellschaftlicher Entwicklungen – mit komplexem Gemeinwesen und großer überregionaler Strahlkraft. Eine überregionale Sichtbarkeit wäre daher genau das, was ich mir für das römische Erbe Augsburgs wünsche. Zur Frage des möglichen Standorts am Predigerberg wird die Verwaltung eine Machbarkeitsstudie beauftragen.

Bis es also so weit ist, braucht es sicher noch Geduld. Aber wie heißt es: Auch Rom wurde nicht an einem Tag erbaut!

 

Herzliche Grüße

Ihre Eva Weber

Eva Weber 2020 Ma Ret 122Eva Weber ist seit Mai 2020 Oberbürgermeisterin der Stadt Augsburg. Seit Mai 2014 veröffentlicht sie eine regelmäßige Kolumne exklusiv bei Presse Augsburg.