Angesichts der Wachstumsschwäche dringt die Wirtschaftsweise Veronika Grimm auf eine Lockerung des Kündigungsschutzes. “Unser Kündigungsschutz verhindert, dass Arbeitskräfte in ausreichendem Umfang zu produktiveren Unternehmen wechseln”, sagte die Ökonomin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagsausgaben). “Das ist in Zeiten eines tiefgreifenden Strukturwandels aber wichtig. Auch Unternehmensgründer werden abgeschreckt.”
Grimm nannte Dänemark als Vorbild, wo es weniger Kündigungsschutz, dafür aber ein höheres Arbeitslosengeld und eine effektivere Jobvermittlung gebe. “So kann sich die Wirtschaft den neuen Herausforderungen schneller anpassen. Auch die Arbeitnehmer profitieren davon, wenn Wachstumschancen gehoben werden”, sagte die Nürnberger Ökonomieprofessorin.
Deregulierung sei der entscheidende Punkt, um Deutschland aus der Stagnation zu führen, bekräftigte Grimm. Es gehe darum, Gesetze abzuschaffen, die überflüssig oder nicht geeignet seien, die angestrebten Ziele zu erreichen. “Und wenn Gesetze über das Ziel hinausschießen und Wachstum verhindern, müssen wir sie anpassen”, so die Wirtschaftsweise. “Wir haben großen Handlungsbedarf bei den Lieferketten-Richtlinien und den Berichtspflichten im Klima- und Energiebereich. Wir müssen auch sehen, dass unser Arbeitsrecht angesichts der aktuellen Herausforderungen zu wenig Flexibilität bietet.”
Grimm riet der Bundesregierung, sich bei der Deregulierung an Argentinien zu orientieren. “Der Regierung Milei ist es gelungen, die privatwirtschaftliche Dynamik zurückzuholen”, sagte sie. “Solche Vorbereitungen existieren in Deutschland nicht annähernd. Wir sollten das dringend auf die Agenda heben, um einen Plan zu haben, wenn wir ihn brauchen. Denn ohne derartige Anpassungen kommt kein Wachstum zurück.”
Sie rate der Bundesregierung, sich “die Agenda des argentinischen Deregulierungsministers Sturzenegger genau anzuschauen – auch wenn Deutschland nicht in einer vergleichbaren Misere steckt”, sagte Grimm. “Es nützt ja nichts, wenn Datenschutz und Fesseln für Künstliche Intelligenz dazu führen, dass wir bei der Hochtechnologie immer weniger mithalten können.”
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hatte für das laufende Jahr ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent und für 2026 von 0,9 Prozent vorausgesagt. Grimm hatte im Jahresgutachten zwei Minderheitsvoten abgegeben.


