Regionales Bio-Plastik für Augsburger Pfandbecher

Welche Folgen unser Griff zu Plastiktüten, PET-Flaschen oder verschweißten Gurken hat, werden durch immer mehr Studien belegt. Forschende der Universität Augsburg versuchen gemeinsam mit sieben weiteren Projektpartnern, den Müllberg mit neuen Ansätzen zu reduzieren. Zudem möchten sie Kunststoffe durch regional verfügbare und umweltverträglichere Alternativen ersetzen. Insgesamt 2,5 Millionen Euro fließen in das Verbundprojekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), das nun für weitere zwei Jahre gefördert wird.

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© Universität Augsburg

Die Idee war einfach, der Erfolg spektakulär: Zur Kanu-Weltmeisterschaft, die im vergangenen Jahr in Augsburg stattfand, brachte der Abfallwirtschafts- und Stadtreinigungsbetrieb der Stadt Augsburg (AWS) 25.000 Pfandbecher in den Umlauf. Die mit berühmten Köpfen der Region verzierten Getränke-Behälter sind nun in einem Modellversuch von einer ganzen Reihe von Kneipen und Restaurants erhältlich und werden von diesen Betrieben auch zurückgenommen und gereinigt. „Wir nehmen an, dass dadurch fast 400.000 Einwegbecher eingespart wurden“, erklärt Felix Assies von der Universität Augsburg. Die Vision ist ein stadtweites, einheitliches Pfandbecher-System.

Der Wirtschaftsingenieur untersucht in seiner Promotion Möglichkeiten, fossile Kunststoffe durch nachhaltigere Alternativen zu ersetzen und ihre Menge zudem durch intelligente Kreislaufsysteme zu reduzieren. Der „Augsburger Becher“ war auf diesem Weg nur ein erster Schritt – allerdings ein sehr effektiver: „Nach unseren konservativen Schätzungen wurde jeder Becher mehr als 15 Mal genutzt“, sagt Assies. „Dadurch konnten gegenüber herkömmlichen Einweg-PET-Bechern gut 20 Tonnen Kohlendioxid vermieden werden.“ Das bedeutet eine Reduktion um 75 Prozent – und das, obwohl die Trinkbehälter aufgrund ihrer höheren Lebensdauer dickwandiger sein müssen, und trotz der Energie, die für ihre Reinigung eingesetzt wird.

Assies ist Mitarbeiter im Verbundprojekt reGIOcycle, das seit 2020 vom BMBF gefördert wird. „Wir suchen darin nach innovativen Wegen, die Plastikmüll-Flut einzudämmen“, sagt Forschungsgruppenleiterin Dr. Andrea Thorenz, Mitarbeiterin des Instituts für Materials Resource Management und des Zentrums für Klimaresilienz der Universität Augsburg. Dazu gehört es auch, die Umweltbelastung dieser Strategien genau zu beziffern – im Fall des „Augsburger Bechers“ von seiner Herstellung bis zu seiner Entsorgung. 

„Life Cycle Assessments“ nennen sich solche umfassenden Ökobilanzierungen in der Fachsprache. Und dort schneidet das Pfandsystem nicht nur in Punkto Klimabelastung sehr gut ab, sondern etwa auch bei der Verschmutzung der Meere oder bei dem Schaden, der durch die Produktion der Getränke-Behälter an der Ozonschicht entsteht. Einen zusätzlichen deutlichen Fortschritt versprechen sich die Forschenden von einem weiteren Schritt, den sie bis 2025 etablieren wollen: „Momentan bestehen die Mehrweg-Becher noch aus herkömmlichen Kunststoffen auf Erdöl-Basis“, erklärt Thorenz. „Wir möchten sie durch sogenannte Bio-Kunststoffe ersetzen.“

Allerdings nicht, wie sonst üblich, durch solche aus Mais oder Zuckerrohr. Denn die Grundrohstoffe hierfür werden häufig aus Brasilien, den USA oder Thailand importiert, wodurch zusätzliche Emissionen entstehen. „Wir planen dagegen, Bio-Plastik mit regionalen Abfällen der Land- und Forstwirtschaft herzustellen“, betont Thorenz – also etwa aus Stroh oder Rinde. „Dazu haben wir eine Datenbank für sämtliche Landkreise in Baden-Württemberg und Bayern erstellt“, sagt sie. „Darin sind die biogenen Rohstoffe aufgeführt, die dort in großen Mengen zur Verfügung stehen und die sich für die Bioplastik-Herstellung nutzen ließen.“

Das Becherproblem ist aber nur eines von vielen, denen sich die Forschenden gemeinsam mit ihren Projektpartnern im reGIOcycle-Projekt noch bis 2025 widmen. „Wir untersuchen unter anderem auch, wie wir erreichen können, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr so viele Plastikprodukte in ihren Biomüll entsorgen“, erklärt Felix Assies. Ursache solcher „Fehlwürfe“ ist oft schlicht Bequemlichkeit – etwa, wenn Kartoffelschalen oder Obstreste mitsamt der Tüte, in der sie gesammelt wurden, in die braune Tonne geworfen werden. Mitunter mangelt es aber auch an ausreichender Aufklärung. 

Unabhängig von seinen Ursachen führt dieses Verhalten zu unschönen Konsequenzen: Eine zu starke Beimengung von Plastik bedeutet zum Beispiel, dass der Biomüll nicht mehr kompostiert werden darf, sondern der thermischen Verwertung zugeführt werden muss. Sprich: die wertvollen Rohstoffe, die in ihm stecken, werden dann nicht mehr genutzt, sondern einfach verbrannt.

Mehr Infos zum Verbundsprojekt unter www.regiocycle.de