Die vom Bayerischen Jugendring (BJR) und Stadtjugendring (SJR) Augsburg eingerichtete unabhängige Untersuchungsstelle über mutmaßliches Fehlverhalten im Rahmen des Modular Festivals hat nach rund fünfmonatiger Untersuchung ihren abschließenden Bericht vorgelegt. Damit beauftragt war die Frankfurter Anwaltskanzlei Rettenmaier, an die sich Betroffene und andere Hinweisgeber:innen wenden konnten, auf Wunsch auch anonym. Die Kanzlei verfügt über umfassende einschlägige Erfahrung und stellt unter anderem Vertrauensanwält:innen für Spitzensport-Verbände.

Zu den Ergebnissen des Abschlussberichts erklärt der Präsident des BJR, Philipp Seitz: „Der Schutz junger Menschen vor Fehlverhalten jeglicher Art und vor allem vor sexualisierter Gewalt hat in der Jugendarbeit oberste Priorität. Es schmerzt mich deshalb, dass ich nach Kenntnis des Untersuchungsberichts sagen muss: Ja, es gab unangemessenes Verhalten, das unsere Standards für die Jugendarbeit nicht erfüllte. Der Bericht zeigt: Es sind vor allem verbale Grenzverletzungen geschehen, die inakzeptabel waren. Es wurden arbeitsrechtliche Schritte geprüft und diese dem Sachverhalt angemessen umgesetzt. Der Vorwurf der sexualisierten Gewalt hat sich als unhaltbar erwiesen. Dennoch sind die Ergebnisse Anlass für Reflexion. Der SJR befindet sich in einem intensiven Prozess der Organisationsentwicklung und Präventionsarbeit. Ich möchte meinen herzlichen Dank und meine Anerkennung den ehrenamtlichen Vorsitzenden des SJR aussprechen, die den Prozess professionell und mit größter Sorgfalt angepackt haben. Mein Dank gilt insbesondere auch denjenigen, die in der Zusammenarbeit mit der Kanzlei zur Aufklärung beigetragen haben.”
Im Dezember 2023 hatten Medien berichtet, dass es beim Modular Festival in den Jahren 2021 bis 2023 zu Fehlverhalten durch Personen des SJR Augsburg gekommen sein soll. Trotz intensiver Bemühungen von BJR und SJR war es nicht gelungen, zu belastbaren Informationen zu kommen, was zur Einrichtung der unabhängigen Untersuchungsstelle führte. Zur Aufklärung wurden nach einer Auswertung u.a. der Presse-Berichterstattung und weiterer Daten Hintergrundgespräche und Interviews mit Auskunftspersonen geführt, die sich bei der Untersuchungsstelle meldeten oder aktiv von ihr angesprochen wurden. Die “Vertrauenspersonen” des Modular Festivals, die ursprünglich mit schweren Vorwürfen an SJR und BJR herangetreten waren, zeigten sich auch nach aktiver Ansprache durch die Anwaltskanzlei nicht bereit, mit dieser zu kommunizieren oder auf anderem Weg zur Aufklärung etwaiger Vorgänge beizutragen. Dies müssen der SJR Augsburg und der BJR bedauernd zur Kenntnis nehmen.
Marlene Mechold, Vorsitzende des SJR Augsburg: “Es hatte für uns oberste Priorität, die behaupteten Vorgänge gründlich aufzuklären. Die Jugendarbeit muss höchste Standards setzen und auf deren Einhaltung drängen. Der Bericht zeigt, dass das in der Vergangenheit nicht immer gelungen ist, wenngleich sich das in den Medien berichtete Fehlverhalten nicht bestätigt hat. Der Vorstand des SJR Augsburg setzt darauf, dass der von uns schon vor längerer Zeit angestoßene Prozess zur Organisationsentwicklung und Prävention dazu beiträgt, dass sich derartiges Fehlverhalten nicht wiederholt und wir ein neues Kapitel unserer engagierten Jugendarbeit und unseres sehr erfolgreichen Modular Festivals beginnen können.”
Bereits im Sommer 2023 waren auf Initiative der Vorsitzenden des SJR Augsburg zwei Projektgruppen gebildet worden. Eine Gruppe beschäftigt sich mit einem verbesserten Beschwerde-Management für Mitarbeiter:innen. Ziel ist die Einrichtung einer beim SJR dauerhaft verankerten Beschwerdestelle. Hierzu werden im Oktober 2024 verpflichtend für alle SJR-Mitarbeiter:innen Schulungen durchgeführt. Die Mitarbeiter:innen haben danach die Möglichkeit, sich für diese Aufgabe zu bewerben. Nach der Auswahl wird die betreffende Person weiter qualifiziert und ihre Arbeit in der Beschwerdestelle aufnehmen.
Zum anderen wurde unter Begleitung der BJR-Fachstelle zur Prävention sexualisierter Gewalt, Prätect, das bestehende Schutzkonzept für das Modular Festival überprüft und nachjustiert. Dazu gehört eine Meldekette, welche Personen bei Beschwerden zu informieren sind und wie mit Hierarchieebenen in Ehren- und Hauptamt umzugehen ist. Außerdem wird ein Leitfaden für ehrenamtliche Mitarbeiter:innen erarbeitet, der darüber informiert, welche Schritte bei Ausnahmesituationen auf dem Festival zu unternehmen und welche Personenkreise zu informieren sind. Zudem wurden Strukturen und Aufgabenverteilung ins Visier genommen und Rollen und Verantwortungsbereiche geschärft. Dazu gehören die Stärkung und Weiterqualifizierung des pädagogischen Fachpersonals im Rahmen des Awareness-Teams des Festivals und die Kooperation mit externen Fachstellen. Erste Elemente konnten bereits beim diesjährigen Modular umgesetzt werden.
Für Herbst 2024 ist eine umfassende Befragung der Ehrenamtlichen des SJR Augsburg vorgesehen. In der nächsten Sitzung der Projektgruppe “Schutzkonzept Modular” werden die 2024 erfolgten Schritte im Detail vorgestellt und evaluiert.


