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Töten für den Artenschutz? Die Paviane stellen den Tiergarten Nürnberg vor ein moralisches Dilemma

Töten für den Artenschutz – was sich zunächst wie ein kompletter Widerspruch anhört, ist in vielen Zoos und Tierparks eine unangenehme, aber offenbar notwendige Praxis: Die Tötung von Tieren bei Überpopulation und fehlenden Umsiedlungsoptionen. Der Tiergarten Nürnberg steht nun vor der schweren Entscheidung, eben diese Praxis bei den Guinea-Pavianen anwenden zu müssen.

Töten Für Den Artenschutz? Die Paviane Stellen Den Tiergarten Nürnberg Vor Ein Moralisches Dilemma
Bild: vifogra

Das Problem: Es gibt mittlerweile 45 Tiere in dem Gehege, das nur für 25 ausgelegt ist. Zudem sind viele der Tiere zu alt und deren Zahl übersteigt die der Jungtiere. Das führe zu Stress und Konflikten bei Partnerwahl, Fortpflanzung und Aufzucht. Konkurrenten können sich nicht meiden, Auseinandersetzungen enden immer häufiger blutig. Kurzum: Sozialleben und Genpool der Gruppe sind in ernster Gefahr.

Doch eine Lösung des Problem ist gar nicht so einfach, wie der Tierpark in einer Mitteilung erläutert. Die Abgabe an andere Zoo ist möglich, aber kompliziert, es gäbe strenge Auswahlkriterien. 16 Tiere wurden bereits an zwei andere Einrichtungen abgegeben, doch das reiche nicht aus. Ein weiterer Anwärter musste aufgrund unzureichender Haltungsbedingungen abgelehnt werden. Eine spezialisierte Auffangstation hatte schlichtweg keine Kapazitäten mehr, da dort bereits 200 Tiere, die zuvor konfisziert wurden, auf ein neues Zuhause warteten.

Nach Kritik an Pavian-Abgabe an Forschungseinrichtung | Zoo Augsburg erklärt sich erneut: „Zucht der Paviane wird verhindert“

Eine andere Option wäre theoretisch die Auswilderung. Doch ist der Lebensraum für die Tiere stark begrenzt. In freier Wildbahn gibt es Guinea-Paviane nur noch in einem kleinen Gebiet, das sich über Senegal, Guinea-Bissau, Guinea, Sierra Leone und Mali erstreckt, aber keinen Platz bietet, weitere Individuen aufzunehmen. Der Platz ist schlichtweg ausgeschöpft, der Lebensraum bereits jetzt zu klein – Tendenz sinkend.

Selbst temporäre Maßnahmen wie Verhütung bei den Pavian-Weibchen haben keine Erfolge erzielt. Eine Erweiterung des Geheges, würde das Problem auch nur aufschieben.

Was bleibt, ist der vermutlich einzige Weg, die soziale Struktur der Gruppe zu reparieren: die dauerhafte Entnahme der Tiere. Ohne Alternativen bedeutet das Tötung: „Im Artenschutz befinden wir uns in einem menschengemachten Dilemma, das uns allen Entscheidungen abverlangt, die sich nicht gut anfühlen“, umreißt Tiergartendirekor Dr. Dag Encke das Problem. „Wir sind dennoch in der Verantwortung. Es ist ein Gebot der Vernunft, dass wir sie annehmen.“

Getötete Paviane sollen dann zum Teil zu Forschungszwecken abgegeben werden oder an Löwen verfüttert werden. Ein Novum in Nürnberg, das vermutlich auf einige Ablehnung und Kopfschütteln stoßen dürfte. Bereits in der Vergangenheit hat sich bei ähnlichen Vorgängen breiter Protest formiert. So erhielt der Direktor des Kopenhagener Zoos 2014 sogar Morddrohungen, als eine Giraffe aus ähnlichen Gründen getötet und an Löwen verfüttert wurde. Im vergangenen Jahr erfuhr ein Zebra im Leipziger Zoo ein ähnliches Schicksal, was einen Skandal auslöste, als eine Mutter den eigentlich geheimen Vorgang filmte, da die Löwen den Kadaver in einen einsehbaren Teil des Geheges schleiften.

Der Tierpark Nürnberg will solche Probleme vermeiden und geht nun im Vorfeld in die Offensive, will auf- und erklären. Dazu wird er auch am 21.02.2024 im Umweltausschuss des Stadtrats vorsprechen. Derweil hat die Tierschutzorganisation PETA bereits eine Strafanzeige in Aussicht gestellt. In einer Presseerklärung kritisieren die Tierschützer neben der “Zwangstötung” auch die Zucht in Zoos generell. (vifogra)

Presse Augsburg
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