Die St. Georgskirche mit ihrem weithin sichtbaren Turm „Daniel“ gilt als Wahrzeichen des Rieses und prägt seit Jahrhunderten das Stadtbild. Im Jahr 2027 jährt sich die Grundsteinlegung des Gotteshauses zum 600. Mal – ein Ereignis, das nicht nur gefeiert, sondern auch wissenschaftlich aufgearbeitet wird.
Derzeit laufen die Recherchen zu einem neuen, reich bebilderten Buch, das pünktlich zum Jubiläumsjahr erscheinen und die bewegte Geschichte der Kirche in fundierter Form erzählen soll.
Entdeckung auf dem Daniel: Eine Inschrift gibt Rätsel auf
Im Zuge dieser historischen Aufarbeitung stieß Stadtarchivar und Stadtheimatpfleger Dr. Johannes Moosdiele-Hitzler auf eine besondere Spur: Eine lange verschollene Messingtafel, die an die Fertigstellung des Kirchturms im Jahr 1490 erinnerte.
Die Tafel befand sich einst gut sichtbar am oberen Austritt des Turms „Daniel“, „rechts in der Wand auf Augenhöhe“, wie überliefert ist. Noch heute ist die Verankerung der Tafel an jener Stelle zu erkennen. Die Inschrift selbst ist der Forschung bekannt – der Wortlaut wurde in früheren Werken dokumentiert:
„Nach Christi Geburt 1490 Jahre, an St. Martinsabend, dem 10. Tag des November, ordnet Meister Heinrich Kugler, Kirchenmeister, den letzten Stein oben an St. Jörgen Kirchturm; den legten Gabriel Erninger, Bürgermeister, und Jakob Protzer, auch Blasius Wemdinger. Kirchenprobst war derjenige Protzer, der anno domini 1454, damals als Bürgermeister, auch den ersten Stein zum Turm gelegt hat.“
Diese Tafel erinnert an einen bedeutenden Moment der Stadtgeschichte – die Vollendung eines der prägendsten Bauwerke Nördlingens.
Seit den 1960er Jahren verschwunden
Das Besondere an dieser Inschrift: Die originale Messingtafel aus dem 15. Jahrhundert wurde zuletzt in den 1960er Jahren an ihrem Platz gesehen – seither fehlt jede Spur. Auch ein Foto der Tafel konnte bisher nicht ausfindig gemacht werden.
Für Stadtarchivar Moosdiele-Hitzler ist der Fund – oder auch nur eine Abbildung – von großem Interesse für die Dokumentation der Kirchengeschichte: „Es handelt sich um ein einzigartiges Zeugnis der spätmittelalterlichen Baugeschichte unserer Stadt. Der Verbleib der Tafel ist ein bislang ungelöstes Rätsel.“
Aufruf an die Bevölkerung
Daher richtet sich der Stadtarchivar nun mit einem öffentlichen Aufruf an die Bürgerinnen und Bürger: Wer Hinweise zum Verbleib der etwa 13 x 26 cm großen Messingtafel geben kann – sei es durch private Fotos, familiäre Erinnerungen oder andere Dokumente – wird gebeten, sich zu melden.
Jeder Hinweis kann entscheidend sein, um dieses wertvolle Stück Stadtgeschichte wieder ans Licht zu bringen.


