Mit dem Auszug der letzten fünf Ordensschwestern geht die über anderthalb Jahrhunderte währende Geschichte des Klosters Maria Stern in Nördlingen zu Ende. Am 27. Juli 2025 bot das Pfarrfest der Pfarrei St. Salvator die letzte Gelegenheit zur persönlichen Verabschiedung von den Franziskanerinnen, die das Leben der Stadt nachhaltig geprägt haben.
Vom Ort des Glaubens zur Bildungs- und Sozialinstitution
Seit der Gründung im Jahr 1868 war das Kloster ein fester Bestandteil des Nördlinger Stadtbilds. Auf Wunsch von Stadtpfarrer Michael Wildegger übernahmen die sogenannten „Sternfrauen“ zentrale Aufgaben im Bildungsbereich. Ihre pädagogische Arbeit legte das Fundament für heutige Einrichtungen wie die Realschule Maria Stern, die Fachakademie für Sozialpädagogik und die Fachschule für Grundschulkindbetreuung.
Zwischen 1945 und 1980 beherbergte das Kloster zudem ein Internat mit bis zu 120 Schülerinnen. Neben dem Schuldienst engagierten sich die Schwestern auch in Kindergärten, Horten und in der Krankenpflege – besonders in den herausfordernden Zeiten der beiden Weltkriege.
Die letzten Schwestern verlassen Nördlingen
In den besten Zeiten lebten über 30 Schwestern im Kloster. Zuletzt waren es noch fünf: Sr. Augustine, Sr. Ludowika, Sr. Adelhilde, Sr. Ansgaria und Sr. Lätitia. Sie ziehen nun in das Alten- und Pflegeheim des Ordens nach Augsburg-Bergheim. Den endgültigen Abschied vom Kloster werden Sr. Ludowika und Sr. Adelhilde im September vollziehen.
Ein Erbe aus Glaube, Kultur und Stille
Ein bedeutendes Vermächtnis der Schwestern ist auch ihr kulturelles Wirken. Über viele Jahre hinweg schufen sie detailreiche Weihnachts- und Jahreskrippen in liebevoller Handarbeit. Die große Jahreskrippe mit mehr als 270 biblischen Szenen ist heute als Dauerleihgabe in der Kirche St. Salvator ausgestellt.
Für ihr spirituelles Engagement wurde Sr. Josefine von der Stadt Nördlingen mit dem Ehrenbrief ausgezeichnet. Ihre Initiativen wie die Gründung des Vereins „Zentrum der Stille – Pax et Bonum – Nördlingen e. V.“ und die Leitung des Meditationskreises bleiben in Erinnerung.
Erinnerung und Anerkennung
Ein besonderes Zeichen des Gedenkens ist die Einweihung des „Luise-Löwenfels-Wegs“. Luise Löwenfels, eine konvertierte Jüdin, wurde in den 1930er Jahren im Kloster zur Kindergärtnerin ausgebildet und 1942 im Konzentrationslager Auschwitz ermordet. Mit der Namensgebung würdigt die Stadt ihr Leben und ihre Verbindung zu Maria Stern.
Oberbürgermeister David Wittner brachte die Bedeutung des Klosters für die Stadt mit klaren Worten auf den Punkt: „Mit dem Weggang der letzten Schwestern von Maria Stern endet ein prägendes Kapitel unserer Stadtgeschichte. Über 157 Jahre hinweg haben die Ordensfrauen nicht nur Generationen von Kindern und Jugendlichen gebildet und begleitet, sondern auch durch ihr Wirken in Kirche, Pflege, Erziehung und Kultur das soziale Gefüge unserer Stadt entscheidend mitgestaltet. Ihr Einsatz war gelebte Nächstenliebe und tiefe Verbundenheit mit Nördlingen – dafür gebührt ihnen unser aller Dank und größter Respekt.“


